Wenn der Löwe ins Rollen kommt...

Beim TSV 1860 gibt es mehr als Fußball – neuerdings sogar eine Rollhockey-Abteilung.
MÜNCHEN Bald kommt das große Spiel. Ganz bald. Gegen den italienischen Meister. Es wird für die Münchner darum gehen, einer der allerbesten Mannschaften Europas Paroli zu bieten, und auch für die Zeit danach gibt es kühne Visionen. Ein Spiel gegen den FC Barcelona. Und natürlich auch die Deutsche Meisterschaft.
Könnte sich glatt um den FC Bayern handeln. Ist aber der TSV 1860. Die Rollhockey-Spieler. Die jüngste der Nebenabteilungen bei den Löwen.
Mit 18037 Mitgliedern haben die Fußballer mit Abstand die meisten Mitglieder, bei den errungenen Titeln rangieren sie in der Vereinshistorie eher weit hinten. Denn bei den Löwen gab es schon stolze Olympiasieger wie den unvergessenen Josef Straßberger, 1928 bei den Gewichthebern in Amsterdam, den Turner Innozenz Stangl 1936 in Berlin und natürlich auch Marina Kiehl, 1988 in der alpinen Abfahrt in Calgary.
Auch auf dem Parkett gab es größere Erfolge als auf dem Rasen. Als 1860 noch eine Tanzsportabteilung hatte, waren Peter und Hanni Neubeck dreimal Weltmeister. Auch die Volleyballer waren eine Macht, zwischen 1973 und 1980 schmetterten sie sich zu vier Meisterschaften und fünf Pokalsiegen, dazu kamen viele Titel bei den Leichtathleten. Und vielleicht bald einer bei den Rollhockey-Spielern. Dank Andreas Kroll.
Der 38-Jährige spielte Rollhockey lange in seiner Heimat in Erfurt. Als er nun nach München zog, fand er keinen Verein. „Ich wollte wieder spielen“, sagt er, „am liebsten aber keinen Klub gründen, sondern einem beitreten, einem mit einem bekannten Namen.“ Beim FC Bayern gab es eine Absage, sagt Kroll, bei den Löwen offene Arme: „Die haben sich gefreut und gesagt: ,Super, kommt zu uns.’“ Im März 2009 traten sie bei, derzeit haben sie 33 Mitglieder, trainiert wird jeden Dienstag in der Sporthalle der Adolf-Kolping-Berufsschule am Oberwiesenfeld. Aber vom Profitum sind die Hockeyroller so weit entfernt wie Moosach von Obergiesing. Denn Geld ist rar.
Von den 77 Euro Mitgliedsbeitrag behält der Verein 30 Prozent, den Rest brauchen sie für Rollschuhe, Schoner, Helme, auch die Trikots haben sie selbst kaufen müssen. Für 29 Euro in Spanien, einem Spezialisten für Hockey-Shirts, dem sie zudem noch das Vereinslogo der Löwen zuschicken durften. El león brüllt spanisch, bramamos español.
Dieses Jahr beginnen sie in der Regionalliga Süd, dritte Liga. Der Kader ist stark, Star des Teams ist Andreas Druzovic, der war schon Deutscher Meister mit Cronenberg und Kapitän der Nationalmannschaft, dazu zwei Spanier, ein Italiener, sie spielten in ihren Ländern auch erste Liga. „Das Ziel ist die Meisterschaft“, sagt Kroll, „wir hätten personell schon das Zeug für die Bundesliga.“ Nur finanziell nicht. Aufnahmegebühr wären 1500 Euro, Fahrtkosten an die 6000. Im Moment zu viel.
Darum sind die Höhepunkte voerst Turniere und internationale Freundschaftsspiele. So plant Kroll eine Partie gegen den FC Barcelona. Da können sie nicht nur Fußball spielen, sondern auch Rollschuh laufen, 18 Mal schon haben sie die Champions League im Rollhockey gewonnen. Und im Juli geht es über den Brenner, gegen Bassano Hockey, den Meister in Italien.
Dazu dreht Kroll mit der Filmschule gerade einen Streifen für die Kino-Werbung. Sponsoren fürs Geld sollen aufmerksam werden, aber auch Studenten fürs Mitspielen. Wenn er nicht glauben würde, die Löwen ins Rollen zu bringen, hätte er gar nicht anfangen müssen. Aber Kroll sagt auch: „Natürlich ist das ein sehr schwerer Weg bis ganz nach oben.“ Doch noch eine Gemeinsamkeit mit den Kickern.
Florian Kinast