"Auf meinen Nacken": Volland lässt Giesing beben und lädt danach die Mannschaft ein

Audio von Carbonatix
Nach seinem vollendeten Giesinger Rückkehrmärchen ging ein strahlender Kevin Volland mit dem Töchterchen auf dem Arm die Westkurve entlang und klatschte mit den euphorisierten Löwen-Anhängern ab. Ja, die Begeisterungswelle rollt weiter die Grünwalder Straße entlang und auch durch so manchen Seitenstrang in der Nähe des Epizentrums der blauen Glückseligkeit.
15 Jahre nach seinem letzten Auftritt im altehrwürdigen Sechzger-Stadion hat der Herzenslöwe einen malerischen Heimauftakt des TSV 1860 in die neue Drittliga-Saison mit seiner besonderen Klasse und Qualität angeführt. "Solche Geschichten schreibt der Fußball, das ist mega", sagte Kapitän Jesper Verlaat zur fast schon kitschig-schönen Samstagsunterhaltung à la Volland beim 3:1 gegen den VfL Osnabrück.
Sechzigs Rückkehrer war der Türöffner mit einem klassischen Volland-Tor
Schon nach zehn Minuten gab der frühere Nationalspieler den Türöffner mit einem klassischen Volland-Tor, einem Mix aus Gespür und kreativer Brillanz. "Wir haben kurz Augenkontakt gehabt. Es war gar nicht einstudiert", schilderte der 33-Jährige die Szene beim 1:0, bei der ihm Tunay Deniz per Freistoß den Ball in den Lauf hob und er schließlich aus - zugegeben stark abseitsverdächtiger Position - erst clever verzögerte und dann gekonnt einschoss.

"Das ist der Instinkt, den du als Stürmer hast, das sind die Tore, wo du wenig nachdenkst und wo es schnell gehen muss", beschrieb Volland, bei dem es eben auch schnell gehen kann, wenn es schnell gehen muss.
"Es bedeutet mir sehr viel": Volland über sein Tor
Und klar, dieser Moment war selbst für einen, der von Länderspielen über Europameisterschaft bis hin zur Champions League so vieles erlebt hat, einzigartig. "Es bedeutet mir sehr viel, das war geil. Wenn das ganze Stadion so mitgeht, dann gibt das einem schon einen Push", sagte Volland, dem man wie seinem Mit-Hoffnungsträger Florian Niederlechner ansieht, wie ernst sie es mit ihren Erfolgsabsichten beim Karriereausklang meinen.
Nicht umsonst bekräftigte Volland wiederholt, wie viel wichtiger ihm der Sieg der Mannschaft ist, als selbst Glanzlichter zu setzen: "Für mich steht immer an oberster Stelle, dass wir die Spiele gewinnen."

1860-Coach Glöckner: "Wir brauchen ihn sehr dominant"
Nur, dass Niederlechner, der einen Volland-Kopfball an den Pfosten zum 2:0 (41.) abstaubte und Sigurd Haugen das 3:0 (52.) auflegte, und der gebürtige Marktoberdorfer stetig ins Rampenlicht rücken, ist fast unvermeidlich. Ihre Aktionen sind nötig, um überhaupt die Voraussetzungen für die Siege zu schaffen.
"Die beiden sind ein wichtiger Faktor, aber wir sind ein Team und jeder gibt für jeden alles", kommentierte Trainer Patrick Glöckner zwar zutreffend, merkte wenig später in der Pressekonferenz aber auch zu Volland an: "Wir brauchen ihn sehr dominant." So schließt das eine das andere nicht aus, es bedingt sich vielmehr.

Gesamte 1860-Offensive brandgefährlich
Was nach gut 180 Ligaminuten aber ebenfalls bereits offensichtlich geworden ist: Die Sechzig-Offensive in ihrer Gesamtheit wird noch so manchem Gegner große Kopfschmerzen bereiten. Das wird deutlich, wenn etwa ein Volland blitzschnell Situationen erfasst und einen Pass in die Tiefe spielt, wie in Durchgang eins aus der eigenen Hälfte in den Lauf von Haugen. Es wird deutlich, wenn Niederlechner sein Tempo im schnellen Kombinationsspiel nutzt, wie vor Haugens Treffer.
Und es wird deutlich, wenn bei Standards wiederkehrend große Unordnung auf der Gegenseite entsteht. "Wir haben die individuelle Qualität, dass wir auch aus dem Nichts bumm bumm ins letzte Drittel kommen und unsere Tore schön ausspielen können", urteilte Volland, der Mann mit dem besonders außergewöhnlichen Ballgefühl.
Volland lädt Mannschaft nach seinem Premieren-Tor zum Essen ein
Dazu, auch das mag irgendwann inmitten der Aufstiegsträume und -sehnsüchte ein Schlüsselfaktor sein: "Wir sind ein geiler Haufen. Es ist eine super Atmosphäre. Auch bei denen, die aktuell noch nicht so zum Zug kommen. Es zieht jeder mit, jeder ist fokussiert", ergänzte er bei Magentasport.
Damit dieser Bund so fest verschnürt bleibt, plant Volland, die Mannschaft für sein Saison-Premierentor zum Essen einzuladen. Das nächste Ligaduell bei Alemannia Aachen folgt erst am 23. August, da darf ein kleines bisschen Geselligkeit sein, "da gibt's auch mal was auf meinen Nacken".
Löwen legen den Finger in die Nachlässigkeitswunde: "Sind passiv geworden"
Wer aber glaubt, dass die Löwen über all den Jubel verkennen, dass Osnabrück in der Schlussphase nicht nur das 1:3 von Patrick Kammerbauer (75.) verbuchte, sondern den TSV noch mehrfach wackeln ließ, der dürfte sich täuschen. Ob Coach Glöckner, Verlaat oder Volland, jeder legte den Finger in die Nachlässigkeitswunde. "Wir sind passiv geworden. Wenn du 3:0 führst, darfst du hinten raus nicht mehr so zittern", sagte Letzterer. Sein Rezept zur Besserung: "Wenn wir manchmal noch cooler reagieren, dann hat der Gegner auch keine Chance, sich zu pushen."
Der Kapitän erkannte zu viel "Verwaltungsmodus" und die Luft sei bei großer Hitze "etwas ausgegangen". "Von 90 Minuten haben wir 70 Minuten sehr gut gespielt, die letzten 20 klammern wir aus", sagte Glöckner und fasste den Saisonstart mit vier Punkten aus zwei Spielen als weiter ausbaufähig zusammen: "Natürlich ist noch nicht alles Gold, was glänzt." Ja, nicht alles glänzt, aber doch schon eine ganze Menge. Volland gehörte am Samstag dazu.