"Viele Dinge gemacht, die wir gar nicht machen wollen": Die Gründe für das 1860-Debakel in Dresden

München - "Wir konnten die Noten in allen Bereichen verbessern: Wir haben eine gewisse Stabilität in der Defensive reinbekommen, wir haben eine gewisse Spielfreude in der Offensive reinbekommen."
Dies sprach 1860-Cheftrainer Patrick Glöckner über sein Zwischenzeugnis von fünf Punkten aus drei Spielen – und dann sollte der neue Löwen-Coach seine bittere Premiere erleben.
Mit 2:5 ging der TSV 1860 am Sonntag im Flutlichtspiel bei Drittliga-Favorit Dynamo Dresden baden. In Worten: zwei zu fünf! "Ein rabenschwarzer Abend", lautete das frustrierte Fazit von Glöckner nach seiner ersten Pleite mit dem TSV. Man ist nach Sechzigs anfänglicher wie mühsamer Entwicklung in die richtige Richtung geneigt zu fragen: Löwen, wie konnte das passieren?
1860-Trainer Glöckner: "Wir haben den Gegner eingeladen"
Begibt man sich auf Erklärungssuche, kann man gewiss bei Winter-Neulöwe Philipp Maier anfangen: Der Sechser musste sich schon vor dem Anpfiff erkrankt abmelden, eine klare Schwächung für den TSV. Auch Glöckners Schachzug, den jungen Tim Kloss (20) ins kalte Wasser zu werfen, ging nicht auf: Der Mittelfeldspieler schwamm ähnlich wie die gesamte Mannschaft der Blauen. "Wir haben viele Dinge gemacht, die wir gar nicht machen wollen, die uns gar nicht auszeichnen", meinte Glöckner. Die da wären?
Zu allererst gilt es, in der Spielanalyse festzuhalten: Die Abwehr um den unglücklichen Comebacker Jesper Verlaat erwies sich als äußerst wackliges Konstrukt, das von den pfeilschnellen und torgefährlichen Dynamos teils schwindlig gespielt wurde. Glöckner kritisierte: "Wir waren viel zu verspielt hintendrin und haben den Gegner eingeladen."
"Wenn wir etwas Zählbares holen wollen, müssen wir vorne eiskalt sein und hinten kompromisslos." Dies hatte Glöckner ebenfalls schon vor dem Duell erklärt. Nach gut 90 Minuten Power-Fußball von Dresden und lediglich einem kurzen Aufflackern steht fest: Die Mannschaft hat die Marschroute des Chefcoaches nicht befolgt - sie konnte sie nicht befolgen.
"Dresden hat eine brutale Qualität": Dynamo in eigener Liga
Eine Erkenntnis, die unweigerlich zum Gegner führt: Wenngleich es die Giesinger gewiss nicht wahrhaben wollen, spielt die SGD sportlich wie finanziell für Drittliga-Verhältnisse in einer eigenen Liga. "Dresden hat eine brutale Qualität", erkannte Glöckner an und musste erkennen, dass die jüngste Ergebniskrise der Hausherren für 1860 nicht gut war, vielmehr bekam der TSV deren Wut im Bauch zu spüren. Neidlos gilt es anzuerkennen, dass Dresden einen Sahnetag erwischte.
Der Rahmen von 30.000 Zuschauern kam diesmal auch den Dresdnern zugute, schließlich gingen diese nicht nur durch Ex-Löwe Christoph Daferner früh in Führung. Sie verwandelten das Rudolf-Harbig-Stadion schon zur Pause durch drei Treffer in ein Tollhaus.
"Wenn du das vierte Tor kriegst, ist es irgendwann eine Sache des Kopfes."
Erstaunlicherweise, um wieder zurück zu den Löwen zu schwenken, tauschte Glöckner nicht schon zum Seitenwechsel ein oder zwei Spieler aus, um neue Impulse zu setzen. Wie Co-Trainer Stefan Lex in der Pause erklärte, wolle man den Gegner ohne Wechsel "höher anlaufen", was maximal kurzzeitig dazu führte, dass 1860 nochmal etwas aufkam. "Nach der Halbzeit wurde es besser, prompt kriegen wir das vierte Tor", klagte Glöckner: "Wenn du das vierte Tor kriegst, ist es irgendwann eine Sache des Kopfes."
Wohl wahr: Nach dem 1:3 hatte 1860 durch die Kabinenansprache wohl noch ein paar Körnchen Hoffnung mit auf den Rasen genommen, das 1:4 zog den Blauen endgültig den Stecker.
Nach der Packung von Dresden ist nun schleunigst Analyse, Training und auch ein bisserl Verdrängung angesagt, um schon am Freitag gegen Arminia Bielefeld (19 Uhr, Magentasport) wieder ein anderes Gesicht zu zeigen. Was Glöckner nach seiner Premieren-Pleite dazu sagt, dass der Abstand auf die Abstiegsränge nur noch drei Zähler beträgt? "Fakt ist: Ich habe noch nie auf andere Mannschaften geschaut. Wir wissen, dass wir unsere 45 Punkte holen müssen." Bis dahin gilt: Versetzung gefährdet.