Unterhaltungskünstler scheitert am Übermut

Manfred Stoffers ist einer, der immer eine Spur zu lange aufs Gaspedal tritt, sich beim Tempo und den Kurvenfahrten gern überschätzt. AZ-Sportchef Gunnar Jans kommentiert den Rücktritt des Löwen-Geschäftsführers.
Manfred Stoffers ist ein begnadeter Rhetoriker – einer dieser Typen, die auch in der Juli-Hitze Eiskratzer für die Windschutzscheibe an den Mann bringen. In erster Linie ist er ein Verkäufer seiner selbst: unterhaltsam, einnehmend, überzeugend. Wer mal mit ihm einen Abend verbracht hat, fragt sich: Woher nimmt der den Stoff für seine ganzen Geschichten? Fragt sich aber auch: Glaubt der das eigentlich alles selbst? Stoffers ist einer, der immer eine Spur zu lange aufs Gaspedal tritt, sich beim Tempo und den Kurvenfahrten gern überschätzt.
Der Seelenfänger Stoffers hat den gebeutelten Löwen-Fans nach dem Abtritt seines ungeliebten Vorgängers Ziffzer Mut und Spaß bereitet, er machte sogar das Stadionheft mit seinen Parabeln von „Frosch und Rahm“ zum literarischen Werk – und lenkte prächtig ab vom sportlichen wie wirtschaftlichen Misserfolg. Viele hielten ihn für einen Blender; intern aber galt er als Sanierer, der mit knallhartem Sparkurs (Kader, Geschäftsstelle) und innovativen Ideen (Investorenmodell, Fananleihe) die Löwen am Leben hielt – dessen Sanierungskonzept aber zu scheitern drohte.
Vor Stoffers war nichts und niemand sicher. Nicht mal der FC Bayern. Und genau dies wurde Stoffers zum Verhängnis, als er einen krawalligen Kampf gegen den Vermieter begann, Bayerns Präsidenten „Hohneß“ nannte, vertraglich geregelte Zahlungen einbehielt und einen Rechtsstreit mit dem Rivalen suchte, der 1860 einst als Partner vor der Insolvenz bewahrt hatte.
Stoffers gegen die Bayern, das war kein Duell auf Augenhöhe, das war nicht mal David gegen Goliath, sondern kaufmännisch unverantwortlicher Übermut. „Scharlatanerie“ nannte Bayern-Vorstand Rummenigge dieses Gebaren jetzt – zurecht. Weil Stoffers’ Konfrontationskurs 1860 die Chance nahm, mit Bayern sachlich über einen Arena-Auszug zu verhandeln.
Sein Rücktritt ist folgerichtig, konsequent, er verdient Respekt. 1860 wird nun weniger unterhaltsam, wohl aber seriöser geführt. Zwei Fragen bleiben nach dem Rücktritt: Sind die Löwen überhaupt noch zu retten? Oder hat Stoffers Abtritt in Wahrheit damit zu tun, dass 1860 geradewegs vor die Wand fährt?
Gunnar Jans