TSV 1860 München: Trainer Daniel Bierofka stellt einen Imagewechsel fest

München - Wie groß ist der TSV 1860 denn nun? Die Löwen, aktuell in der Dritten Liga angesiedelt, verzeichnen derzeit mit etwa 23.000 Mitgliedern einen neuen Rekordwert. Beheimatet sind sie auf Giesings Höhen, weshalb Präsident Robert Reisinger kürzlich im AZ-Interview erklärte: "Es kann jedenfalls nicht kleingeredet werden, dass wir ein Stadtteilverein sind." (Lesen Sie hier Teil 1 des AZ-Doppelinterviews)
Eine Aussage, die eine 1860-Ikone nicht so stehen lassen wollte: Daniel Bierofka. Der Trainer der Sechzger bestimmt die Geschicke derzeit selbst an der Grünwalder Straße, zumindest auf dem Rasen und an der Seitenlinie. Bei der Größenordnung seines Vereins widerspricht der 39-Jährige dem Oberlöwen. "Es heißt ja schon TSV 1860 München", so Bierofka über seinen Klub, der in der Saison 2016/2017 den bitteren Absturz in die Regionalliga Bayern erleben musste, um im Jahr darauf mit dem Aufstieg in Liga drei die Rückkehr in den Profifußball zu schaffen. (Lesen Sie hier Teil 2 des AZ-Doppelinterviews)
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1860-Trainer Bierofka: "Wir sind nicht mehr der Chaosverein"
Bierofka weiter: "Ich sehe es nicht so, dass wir rein ein Stadtteilverein sind. Der Präsident hat einerseits Recht: Klar sind wir in Giesing zuhause, wir kommen aus diesem Viertel. Aber ich denke, Sechzig ist weit mehr als ein Stadtteilverein – Sechzig ist mehr als Giesing." (Lesen Sie hier: Löwen-Ultras - Fanmarsch beim S-Bahn-Derby)
Die Rückkehr ins Grünwalder Stadion vor der Regionalliga-Spielzeit der Sechzger scheint rückblickend, sieht man die Entwicklung des Klubs, alternativlos. Reisinger wurde nicht selten dafür kritisiert, dass er für einen "TSV Giesing" stehe. Doch was wäre die Alternative gewesen? 1860 hatte sich schon mit dem (gemeinsamen) Bau der Allianz Arena übernommen, nach dem Anteilsverkauf an den FC Bayern und dem Verzicht der Rückkaufrechte schleppten sich die Sechzger in der zu großen und hochdefizitären Spielstätte regelrecht durch die Zweitligajahre.
Auch der Einstieg von Investor Hasan Ismaik und dessen Investments (über 70 Millionen Euro) trugen nicht zum Erfolg des TSV bei, bekanntlich gipfelte jene Saison, als Ismaik mehr denn je entschied und investierte, im tragischen Abstieg. Was sich laut Bierofka allerdings gewandelt hat: Sechzig ist kein Chaos-Klub mehr. "Wir haben das Image gedreht. Wir sind nicht mehr der Chaosverein."
TSv 1860 München: Demut und Bodenständigkeit angesagt
Dazu habe eben auch die Rückkehr zu den Wurzeln beigetragen, geknüpft an den sportlichen Erfolg. Bierofka: "Wenn man diese Aufstiegsfeier sieht – wenn man sieht, wie viele Leute da waren und mit uns gefeiert haben. Das hat uns wahnsinnig viele Pluspunkte gebracht in ganz Deutschland."
In der Stunde des Aufstiegs und der frenetischen Feier im und vor dem Grünwalder Stadion, am Vereinsgelände und – was die Fans betrifft – in ganz Giesing habe man gesehen, "wie viele Fans da sind." Bierofka lobte auch all jene Anhänger, "die mit dem Verein durch eine schwere Zeit gegangen sind", durch ein Jahr Viertklassigkeit. "Das Jahr in der Regionalliga war hart. Aber es waren immer 12.500 Zuschauer im Stadion. Wo hätte es das woanders gegeben?"
Zwischen Giesinger Löwen und großer Traditionsklub – Sechzig hat sich unter Bierofka ein neues Image aufgebaut. Jetzt sind Demut und Bodenständigkeit angesagt, die Zeiten der großspurigen Königsklassen-Träume sind passé. Auch der Mannschaft um Kapitän Felix Weber impft Bierofka seine Wertvorstellungen ein.
"Wir haben eine Mannschaft", so ihr Trainer, "mit der man sich sehr gut identifizieren kann. Der Fußball, den wir spielen, ist vielleicht nicht immer erfolgreich. Aber wir gehen raus und geben Vollgas." Ob dieser Fußball die nach Giesing heimgekehrten Löwen wieder in höhere Sphären führt?