TSV 1860 in der Krise: Mangs Forderungskatalog verrät viel über den aktuellen Zustand der Löwen 

Noch immer steht der TSV 1860 ohne sportliche Führung dar. Präsident Gernot Mang hat für den neuen Trainer einen klaren Auftrag. Bis dieser gefunden ist, könnte es aber noch dauern.
von  Ruben Stark
1860-Präsident Gernot Mang will den Klub auf Führungsebene komplett neu aufstellen.
1860-Präsident Gernot Mang will den Klub auf Führungsebene komplett neu aufstellen. © sampics

So wie Oberlöwe Gernot Mang am Sonntagabend dreinschaute, so fühlte sich der Präsident des TSV 1860 auch. "Einfach durchwachsen", antwortete er auf die Frage nach seinem Befinden im Interview mit der BR-Sendung "Blickpunkt Sport". Was einerseits an der nächsten sportlichen Enttäuschung lag beim 0:1 gegen Wehen-Wiesbaden, aber andererseits womöglich auch daran, dass sich seine Vorhaben nicht so rasch entwickeln wie beabsichtigt. Denn wer glaubte, dass der Durchbruch bei der Trainersuche bereits erfolgt sei und der neue Löwen-Dauerdompteur gefunden, der wurde eines Besseren belehrt.

Dass Interimstrainer Alper Kayabunar nach seinem zweiten Einsatz als Nothelfer wieder zur U21 in die Bayernliga gehen würde, war beschlossen. Dass aber in der Zwischenzeit der Nachfolger von Patrick Glöckner noch auf sich warten lässt, davon durfte man nicht ausgehen. Zu entschlossen, zu überzeugt klang es, wenn sich Mang in der vergangenen Woche zum Thema einließ. "Wir hoffen wirklich, dass wir bis Ende der Woche einen neuen Trainer an der Seitenlinie haben", sagte Mang nun. Hoffnung statt Gewissheit.

Dabei drängt die Zeit. Die Ligapause böte die Gelegenheit, dass sich Trainer und Mannschaft hinreichend kennenlernen und beschnuppern, dass der neue Coach erste Spuren hinterlässt und auf die Spieler einwirken kann. Wenn aber noch fast eine Woche wegen der anhaltenden Suche verloren würde, hätte das wohl auch Auswirkungen auf die Startvoraussetzungen. "Wir müssen jetzt einfach ruhig bleiben, die Sachen gemeinsam analysieren und dann strategisch den nächsten Schritt machen", mahnte Mang zur nötigen Geduld, betonte aber: "Ein neuer Coach hat jetzt absolute Priorität." Die anderen Schritte seiner Umbaupläne könnten dann in Ruhe und mit Bedacht folgen.

Was der 57-Jährige nach der vierten Niederlage aus den letzten fünf Spielen und dem Abrutschen auf Rang zwölf aber grundsätzlich herausstellte, ließ sich durchaus als Kritik am bisherigen Coach interpretieren. "Für uns ist wichtig", sagte der Österreicher über die Aufgaben des Künftigen, "dass er die Mannschaft weiterbringt, auf einen fitten Zustand bringt und auf die jungen Spieler setzt." Drei Aspekte, drei Schlussfolgerungen: Die Mannschaft stagnierte, die Mannschaft hatte körperlich Defizite, die Mannschaft hatte einen zu geringen Junglöwen-Anteil.

Kritik von Reisinger und Schutz durch Vollath

Interimsgeschäftsführer Manfred Paula muss also als Sechzigs Cheftrainer-Fahnder unter Hochdruck einen Coach finden, der unter anderem dort wirkungsvoll den Hebel ansetzt. Aber dieser Fußballlehrer wird auch daran arbeiten müssen, dass die Offensive rasch wieder auf Touren kommt. In Wiesbaden tauchte 1860 erst in der Schlussphase mehrfach gefährlich vor dem Tor auf, bis dahin fehlten zumeist Tempo, Kreativität und Durchschlagskraft. "Wenn du siehst, was die da für Stürmer vorn drin haben! Und dann kommen sie 70 Minuten nicht vors Tor! Das ist einfach erschreckend", urteilte Stefan Reisinger, der frühere Sechzig-Assistent, als Experte bei Magentasport.

Ersatztorhüter und Torwart-Trainer René Vollath, der Stammkraft Thomas Dähne überzeugend vertrat, stellte sich dennoch schützend vor das Team, an dem die Enttäuschungen und Turbulenzen der zurückliegenden Wochen "nicht spurlos" vorbeigegangen seien. "Wir sind alle nur Menschen, ich will nichts auf die Mannschaft kommen lassen. Es fehlt das Selbstverständnis, wenn das Spiel schwieriger wird, dann kommen Zweifel auf", schilderte der 35 Jahre alte Routinier und forderte: "Wir müssen schauen, dass wir so schnell wie möglich in einen Lauf kommen, dann sind wir auch wieder da."

Aber um dafür überhaupt die Grundlage zu schaffen, sollte eben die sportliche Schlüsselpersonalie schnellstmöglich geklärt sein. Diesem Befund würde wohl auch Vollath nicht widersprechen. Auf die Frage nach seinen Wünschen an den Coach, sagte er: "Positivität, einen ganz klaren Plan, eine ganz klare Idee, die dann die Mannschaft auch als ihre Identität annimmt. Wir müssen Selbstverständnis in alle Abläufe reinkriegen. Das haben wir momentan nicht." Und deshalb hat sich die Krise erstmal weiter verschärft.

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