TSV 1860: Die blauen Bad Boys
1860-Geschäftsführer Schäfer und Vize Schneider als knallhartes Sanierer-Duo: Die Entlassung von Teammanager Hettich war der Anfang. Auf der Geschäftsstelle steht jede fünfte Stelle zur Debatte
MÜNCHEN Am Montagmittag, kurz vor zwölf, verließ Robert Hettich die Geschäftsstelle des TSV 1860, setzte sich in seinen Wagen und fuhr davon. Der Teammanager der Löwen ist ab sofort freigestellt, letzte Woche war ihm von Geschäftsführer Robert Schäfer die Kündigung übermittelt worden.
„Wir müssen zeigen, dass wir es mit der Sanierung ernst meinen“, sagte Schäfer am Montag. Die Aufgaben Hettichs – Hotelbuchungen, Reiseplanungen etc. – werde man auf verschiedene Schultern verteilen. „Wir räumen hier jetzt auf. Wir müssen das tun“, erklärte Schäfer weiter, „sonst wäre es bald vorbei mit 1860.“ Und um seine Meinung über die Bedeutung des Teammanager-Postens im Sanierungskonzept zu verdeutlichen, betonte er: „Für diese Position gab es sogar Autogrammkarten. Die wird es künftig nicht mehr geben.“
Seitdem Schäfer gemeinsam mit Vizepräsident Dieter Schneider das Kommando bei den Sechzgern übernommen hat, weht ein eisiger Wind an der Grünwalder Straße. In den kommenden Tagen wird der Geschäftsführer weiteren Mitarbeitern die Kündigungen aussprechen, der 34-Jährige sprach von einer „einstelligen Zahl der Betroffenen“. Derzeit arbeiten rund 40 Angestellte auf der Geschäftstelle. „Das kommt davon, wenn man viele Jahre massiv über den Verhältnissen lebt. Die Denke, man sei ein Erstligaverein, muss endlich raus aus den Köpfen“, fordert Schäfer. Und Schneider verdeutlicht: „Es ist doch kein Geheimnis, dass die Geschäftstelle für Zweitligaverhältnisse sehr, sehr gut besetzt ist. Irgendeiner muss halt die Drecksarbeit machen und der böse Bube sein. Gut, dann sind wir es halt. Aber anders geht es nicht mehr.“
Schneider und Schäfer: die letzte Löwen-Hoffnung, die blauen Bad Boys; zwei Männer, die auch Vater und Sohn sein könnten. Die beiden haben sich geschworen, 1860 bis Sommer 2013 ohne Rücksicht auf Verluste wieder auf die Beine zu stellen – ganz egal, was nötig ist. „Wir haben etwa drei Wochen gebraucht, um uns einen strikten Plan zu erarbeiten“, erklärt Schäfer, „niemand kann versprechen, dass er klappt. Aber wir haben keine andere Wahl. Es gibt keine Versteckspiele mehr.“ Immerhin meint Schneider mit Blick auf die Kündigungen: „Es wird kein großes Schlachten geben. Es wird alles mit Augenmaß geregelt.“
Zwar wurden auch unter vorherigen Geschäftsführern Stellen gestrichen, so schrumpften unter Manfred Stoffers die Marketing- und die Physio-Abteilung. Neu ist, dass sich die Löwen-Führung offen zum Sparkurs bekennt. „Der Verein wurde jahrelang so geführt, dass man nur die Saison übersteht. Es hat nie ein gescheites, betriebswirtschaftliches Denken gegeben“, so Schneider, „die Zahlen sind kein Hexenwerk, man kann die Versäumnisse klar erkennen. Schlimm, dass es soweit kommen musste.“
Am 14. Januar muss Schäfer der DFL vorweisen, wie die Löwen ihre laufenden Kosten in Höhe von etwa 5,3 Millionen Euro bis Saisonende aufbringen wollen. Die Lösung kann über drei Wege erfolgen: Erstens: harte Einsparungen in Sachen Personalkosten. Zweitens: weitere Stundungen der Darlehensrückzahlungen. Und drittens: frisches Geld von Banken oder Investoren. Mögliche Transfererlöse spielen nur eine geringe Rolle, weil man mit hohen Ablösen kaum rechnen dürfe. „Ein richtiger Befreiungsschlag kann uns nur durch eine Summe von Maßnahmen gelingen. Wir stehen vor einer massiven Aufgabe. Wenn wir sie nicht lösen, ist es vorbei“, sagt Schäfer, der nun nach Investoren sucht. „Durch den Personalabbau zeigen wir, dass wir es ernst meinen. Wir packen das hier jetzt an.“
Marco Plein