Sexy Sechzig? Auf Lust folgt Frust

MÜNCHEN - Die Löwen verspielen gegen Düsseldorf noch eine 2:0-Führung, weil der Schiedsrichter und Kiraly Fehler machen. 1860 stagniert auf Rang 15. Aber Lienen sagt: „Wir sind auf einem guten Weg“
Zweimal hintereinander siegen, nein, das können die Löwen nicht. Seit Anfang März nicht mehr (5:1 gegen St. Pauli, 3:2 in Ingolstadt), damals unter Uwe Wolf. Gegen Zweitliga-Aufsteiger Düsseldorf verpasste 1860, trotz 2:0-Vorsprung den Sieg, die Fortuna glich zum 2:2 aus. So tritt das Team von Trainer Ewald Lienen, das zuvor mit 1:0 in Bielefeld überrascht hatte, auf der Stelle. Platz 15. Das ist Stagnation.
Da half es auch nichts, dass Lienen mit der Leistung seiner Truppe zufrieden war: „Wir sind auf einem guten Weg, die Mannschaft wird immer stabiler, wir hätten den Sieg verdient.“ Im Fußball aber zählen Tore mehr als Konjunktive.
Zudem war der Nachmittag geprägt von der seltsamen Sex-Debatte, die Geschäftsführer Manfred Stoffers mit seinem Vorwort im Stadionheft entfacht hatte. Dort schrieb Stoffers, sein Ziel bleibe der Aufstieg – und fabulierte, mit dem Aufstieg sei es „genauso wie bei der Schwangerschaftsvorbereitung: auch wenn es nicht gleich im ersten Anlauf klappt, kann es doch immer wieder Spaß machen.“
Ewald Lienen hatte daran offenbar keinen Spaß. Der Cheftrainer, am Samstag 56 Jahre alt geworden, erklärte Stoffers’ Niederschrift noch vor Spielbeginn in gewählten Worten für belanglos: „Langfristige Ziele, wie sie der Geschäftsführer formuliert, sind für uns doch überhaupt kein Thema; für uns geht es nur von Spiel zu Spiel. Dass der Geschäftsführer so denken muss, ist für uns total unwichtig.“ Ein Sieg, wie 1860 ihn zuvor in Bielefeld eingefahren hatte, sei „die Belohnung für harte Arbeit und nicht für irgendwelche Träumereien“.
Dennoch: Stoffers hatte irgendwie auch richtig gelegen – weil 1860 tatsächlich „immer wieder Spaß machen“ kann. Das zeigte die Mannschaft gegen Düsseldorf phasenweise. Zwar war die erste halbe Stunde frei von Höhepunkten aller Art. Aber dann spielten die Blauen plötzlich sexy Fußball (diesen Begriff kreierte übrigens nicht Stoffers, sondern der frühere Holland-Star Ruud Gullit).
Es lief die 36. Minute, als die Löwen die wohl schönste Kombination dieses Jahres mit dem 1:0 abschlossen: Eine Holebas-Hereingabe ließ Alexander Ludwig gekonnt und zur Verwirrung der Fortuna-Abwehr durch seine Beine rollen, Benny Lauth kickte die Kugel mit links exakt in Ludwigs Laufweg, und der vollstrecke nach perfekter Ballmitnahme mit rechts. Ein Traumtor. Manfred Stoffers jubelte lustvoll auf der Tribüne mit. Und noch mehr, als Torben Hoffmann einen Freistoß von Ludwig im im zweiten Versuch ins lange Eck kickte – 2:0 (63.). Da lagen sich die Löwen in den Armen.
Doch es folgten bittere Momente, und das hatte auch mit Schiedsrichter Daniel Siebert (Berlin) zu tun. Denn der Freistoß für Fortuna, den Ranisav Jovanovic unhaltbar zum 1:2 in den Winkel jagte (70.), war unberechtigt gewesen: Jose Holebas hatte Andreas Lambert nicht getroffen, das gab der Düsseldorfer später auch zu: „Nee, das war kein Foul.“
Lienen verärgert: „Das hätte er mal auf dem Platz sagen sollen! Mit dieser Szene kippt das Spiel, das wir nie aus der Hand geben dürfen.“ Das Düsseldorfer 2:2 begünstigte dann ein Löwe: Torwart Gabor Kiraly, vom Düsseldorfer Harnik gestört, brachte einen Eckstoß nicht aus der Gefahrenzone. Patrick Zoundi staubte zum Ausgleich ab (73.).
So war aus Lust schnell Frust geworden bei 1860. ill