Schmidt im Interview: "Ich war Völler-Fan"

Die AZ traf Löwen-Trainer Alexander Schmidt im Trainingslager in Brescia zum großen Interview – über seine italienischen Wurzeln, die Fußballkünste seines Sohnes, Vorbilder und seine Ziele bei 1860
von  Interview: Markus Merz
Löwen-Trainer Alex Schmidt erinnert sich im Trainingslager in Brescia an Rudi Völlers Zeiten bei 1860.
Löwen-Trainer Alex Schmidt erinnert sich im Trainingslager in Brescia an Rudi Völlers Zeiten bei 1860. © AP/Firo

AZ: Herr Schmidt, wir sind hier im Trainingslager in Italien. Was trinken Sie lieber? Espresso oder Cappuccino?

ALEXANDER SCHMIDT: Cappuccino.

Sie haben drei Jahre in Italien Fußball gespielt, sie waren mit einer Italienerin verheiratet. Kann man Sie als halben Italiener bezeichnen?

Von der Mentalität hab ich schon viel angenommen. Nicht alles, aber das Essen und die Lockerheit hier sind schon etwas Besonderes. Ich sehe mich aber nicht als halben Italiener. Ich meine nur: Es gefällt mir, dass man in Italien nicht immer alles so bierernst sieht. Dass die Italiener das Leben genießen können. Trotzdem bin ich ganz normal in Deutschland geboren und mit meinem Heimatland verwurzelt.

Was essen Sie in Italien am liebsten?

Pasta - in allen Variationen.

Als Trainer wurden Sie in letzter Zeit immer wieder mal mit Trainern wie Jürgen Klopp verglichen. Zudem soll Giovanni Trapattoni eine Art Vorbild für Sie sein.

Nein, Trapattoni eigentlich gar nicht, weil der immer sehr defensiv gespielt hat. Ich habe ja mal gesagt, dass ich kein bestimmtes Vorbild habe. Ich finde Trainer gut, die offensiven Fußball spielen lassen, mit viel Ballbesitz. Dazu gehört auch ein Guardiola.

Wenn es um Ihre Lieblingsmannschaften geht, kann man sicherlich auch Juventus Turin dazuzählen.

Ich habe damals in Italien gespielt, als ein Baggio oder Vialli bei Juve gespielt haben. Das hat schon Spaß gemacht da zuzuschauen.

Ihr ehemaliger Schwiegervater ist Fan des Konkurrenten AC Turin. Kam es da manchmal zu Reibereien?

Die Italiener sind beim Fußball noch etwas extremer. Aber natürlich ging es letztlich doch immer spaßig zu.

Ihre Ex-Frau ist Italienerin, Ihre Tochter lebt bei ihr, Ihr Sohn bei Ihnen. Wo ist er zum Beispiel in den Tagen, an denen Sie mit den Löwen unterwegs sind?

Bei meiner Lebensgefährtin.

Also sind Sie in diesem Sinne kein allein erziehender Vater. Aber dennoch ist das doch ein Fulltimejob zusammen mit dem Fußball.

Das ist kein Problem. Meine Lebensgefährtin kümmert sich ja auch um ihn, hat selbst einen Sohn. Der Job war schon immer so. Nicht nur jetzt. Bei der U21 war das nicht anders.

Bleibt als Trainer dennoch etwas auf der Strecke?

Die Partnerin muss das natürlich akzeptieren. Und das tut sie auch. Sie schaut gerne zu, und unsere beiden Söhne spielen selber Fußball. Das ist mein Leben und da unterstützt sie mich.

Sind die beiden Jungs denn auf dem Weg zu guten Fußballern?

Der Sohn meiner Partnerin spielt in Starnberg, der ist ganz ordentlich. Und was meinen Sohn angeht: Da ist man als Vater immer kritisch.

Muss er sich viel von Ihnen anhören?

Nein, das nicht. Ich versuche da schon immer positiv zu sein. Ich lasse ihn einfach spielen. Er ist ja bestens aufgehoben bei 1860 in der Jugend.

Ihren Trainerjob haben Sie zusammen mit Mehmet Scholl und Stefan Effenberg gemacht. Wie sind die beiden so auf der Schulbank?

Lustig. Es war eine super Erfahrung. Beide sind überragende Menschen und privat total nett. Von jedem konnte man was mitnehmen. Sie haben viel erzählt, zum Beispiel von Champions-League-Zeiten.

Mehmet Scholl kennen Sie ja aus der Regionalliga. Nach dem jüngsten Derby gegen seinen FC Bayern hat er Sie ja fast überschwänglich gelobt. Macht Sie das stolz?

Ja, natürlich macht mich das stolz, wenn der Mehmet mich lobt. Das macht er ja nicht so oft. Aber wir sind gute Freunde. Ihm tat's halt weh, dass er gegen Sechzig verloren hat. Das ist für ihn immer ganz arg.

Hatten Sie als Kind einen Lieblingsfußballer? Von wem waren Sie Fan?

Rudi Völler. Den mochte ich am liebsten.

Wieso Völler?

Seine Art war super. Ein Charaktertyp. Er war schnell. Einfach gut. Und er war ja auch mal ein Löwe (lacht).

Nicht so gut fanden Sie den Facebook-Eintrag von Necat Aygün. Eine Frage vorweg: Sind Sie selbst bei Facebook?

Ja, bin ich.

Also sehen Sie Facebook nicht als Problem?

Nein, das sehe ich ganz locker. Aber ich möchte generell noch mal klarstellen, dass ich nach der Sache mit Necat keinesfalls ein Verbot ausgesprochen habe. Aber als Spieler, der in der Öffentlichkeit steht, sollte ich wissen, dass ich zur Meinungsbildung beitrage und ich sollte dem Verein gegenüber positiv sein. Daraus ist einfach Theater entstanden. Das muss nicht sein.

Sie selbst wirken immer ziemlich locker, als Trainer scheinen Sie aber ein großer Freund von Disziplin zu sein. Stimmt diese Einschätzung?

Ich denke, die Mischung macht's. Man muss sehen: Wann muss man anziehen, wann kann man es mal lockerer angehen lassen. Ich bin halt so, mache mir da keine großen Gedanken, wann etwas richtig sein könnte.

Gehört diese Lockerheit zu Ihren Stärken?

Ja, finde ich schon. Man muss einfach ein Gefühl für die Situation haben, sensibel sein.

Träumen Sie manchmal vom TSV 1860?

Nein, träumen nicht. Aber man wünscht sich, dass es gut läuft. Ich weiß ja ganz genau, dass die Fans in letzter Zeit viele Enttäuschungen erlebt haben. Ich habe mich ja selbst oft aufgeregt, wenn's mal einen Rückschlag gab. Aber ich denke, wir sind jetzt noch sechs Punkte von Platz drei entfernt, wir haben im DFB-Pokal noch die Chance weiterzukommen. Da dürfen wir die Energie nicht unnötig verbrauchen. Diese Energie kann den Unterschied ausmachen.

Sie betonen, dass Sie sich als Interimstrainer überhaupt keinen Druck machen. Geht das in Ihrer Position überhaupt?

Ich sehe mich nicht als Interimstrainer. Das hat mir der Verein so gesagt. Generell ist es so, dass ich mir selbst den größten Druck mache, weil ich einfach ehrgeizig bin. Ich erwarte immer das Beste von mir, will die Situation in positive Bahnen lenken. Aber ich lasse mir keinen Druck von außen machen. Von der Seite sehe ich das ganz locker.

Zurück zu Italien. Da scheint es für Trainer und Spieler ja unruhiger zuzugehen als in Deutschland. Sind Sie deshalb froh, in Deutschland zu arbeiten oder könnten Sie sich einen Job in Italien vorstellen?

Bei Sechzig ist ja auch immer viel los. Aber in Italien ist das noch mal was anderes. Da geht's oft ins Persönliche rein. Trotzdem könnte ich mir den Job hier vorstellen. Ich kenne das ja, ich habe in Italien gespielt. Man muss eben mit allem, was man tut, etwas vorsichtiger sein.

Wie fällt das Fazit Ihrer bisherigen Amtszeit aus?

Wir haben es geschafft, dass wir phasenweise guten Fußball spielen, wie ich mir das vorstelle. Ich weiß aber auch, dass wir Leerlauf hatten, zum Beispiel in Regensburg nicht gut gespielt haben. Ich habe immer gesagt, dass jeder seine Chance bekommt. In Regensburg hat der eine oder andere die Erwartungen dann nicht so erfüllt. Das hat man deutlich gesehen. Daraus müssen wir Rückschlüsse ziehen.

 

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