Savio träumt: "Nationalmannschaft!"
Ex-Löwe Savio Nsereko hält sich in Münster fit – hier spricht er über Fehler und Comeback-Pläne
AZ: Herr Nsereko, Sie absolvieren ein Probetraining beim Drittligisten Preußen Münster. Sehen wir Sie schon bald wieder auf dem Platz?
SAVIO NSEREKO: Davon gehe ich aus. Ich denke, dass ich mich ganz in Ordnung präsentiert habe, weil ich mich vorher in Leverkusen mit einem Privattrainer fit gehalten habe. Mir fehlt noch ein bisschen Spielpraxis und die hundertprozentige Fitness.
Hat den Verein Ihre turbulente Vergangenheit mit einigen Skandalen nicht gestört?
Ich will gar nicht mehr groß darauf eingehen, sondern die Skandale vergessen und neu starten. Ich habe Preußen Münster meine Geschichte erzählt, und sie haben keine Probleme damit. Ich habe viel Mist gebaut, dazu stehe ich. Nun möchte ich einfach von Null wieder loslegen.
Vor einigen Monaten sollen Sie eine Entführung vorgetäuscht haben, um Ihre finanziellen Probleme in den Griff zu bekommen. War das der Tiefpunkt Ihrer Talfahrt? 2008 waren Sie noch bester Spieler der U19-EM.
Natürlich war es ein schwieriger Moment. Allerdings gibt es im Leben schlimmere Sachen. Ich bin gesund, ich kann Fußball spielen. Da gibt es noch ganz andere Dinge, über die man sich Gedanken machen könnte. Ich habe viele Fehler gemacht, das kann man nicht mehr ändern.
Also gibt es heute keine Feiern mit Champagner und Privatjet-Flüge mehr?
Definitiv nicht. Die ganzen Geschichten prägen einen. Ich bin 23 Jahre alt und habe schon einiges erlebt. Deswegen denke ich, dass mich die Skandale nur noch stärker gemacht haben. Ich weiß jetzt, dass ich hundertprozentige Disziplin brauche und professionell sein muss. Nicht nur auf dem Fußballplatz, sondern auch menschlich. Damals hat es, so ehrlich bin ich, Spaß gemacht. Heute muss ich darüber lachen, was ich gemacht habe. Ich bin für die Zukunft definitiv gewappnet.
Sie wechselten mit 17 Jahren aus der Jugend von 1860 nach Italien. Zu früh?
Den Wechsel von 1860 nach Italien würde ich nicht als zu früh bezeichnen. Der Wechsel von Italien nach England zu West Ham United war zu früh. Die Ablöse (10 Millionen Euro, d. Red.) war nicht der Grund, warum ich dort nicht klargekommen bin. Es war einfach zu schnell, zu viel. Vielleicht war es auch zu hoher Erwartungsdruck in den jungen Jahren. Zudem habe ich einen Haufen Geld verdient und bin damit nicht klargekommen.
Wann trat der Wendepunkt ein?
Nach der Zeit bei der SpVgg Unterhaching. Da wusste: So kann es nicht weitergehen.
Wie sehen Ihre Ziele aus?
Kurzfristig möchte ich erst einmal wieder Fuß fassen und hoffe, dass es hier in Münster funktioniert. Aber natürlich habe ich Ziele, das kann ich nicht verschweigen. Ich bin jedoch realistisch genug, um zu sagen, dass ich in zwei Jahren nicht in der Nationalmannschaft spielen kann. Aber natürlich ist das der Traum, und dafür werde ich hart arbeiten. Fußballerisch, denke ich, steht dem nichts im Wege. Es hängt an mir, an meiner Person.
Trauern Sie der Chance denn hinterher, dass Sie schon deutlich höher spielen könnten?
Natürlich würde ich heute gerne in der Bundesliga oder Premier League spielen, das war auch mein Ziel damals. Wenn ich nicht so blöd gewesen wäre, wäre ich heute wohl auch da. Aber ich kann mir ja nun nicht die Finger herausreißen. Jetzt gilt: nach vorne schauen und Gas geben.