Robert Schäfer: "Im Moment passt alles"
AZ: Herr Schäfer, 1860 ließ sich zuletzt von einer Euphorie tragen – zum ersten Heimspiel kamen mehr als 45000 Zuschauer. Sehen Sie das als Bestätigung Ihrer Arbeit?
ROBERT SCHÄFER: Ich sehe darin eher einen Auftrag. Das große Vertrauen der Fans beim ersten Spiel war ein Vorschuss darauf, dass wir weiter hart an unseren Zielen arbeiten. Es war aber natürlich auch eine Bestätigung, dass wir in letzter Zeit nicht ganz so viel falsch gemacht haben.
Bei 1860 haben die Führungsköpfe oft gewechselt. Sie sind bald zwei Jahre Geschäftsführer, sind Sie stolz darauf?
Ich bin ganz klar stolz auf das, was wir zusammen in der Zeit geschafft haben. Wir haben tatsächlich ein neues Vertrauen in die Löwen geschaffen. Die Leute fangen wieder an, den TSV 1860 ernst zu nehmen als das, was wir sind: ein Fußballverein mit großer Tradition, der für die Menschen da ist. Was mich sehr freut: Wenn ich in der Stadt in letzter Zeit jemanden mit einem Löwen-Trikot oder einem Schal sehe, dann denke ich mir: Die Leute hätten sich so vor einem oder zwei Jahren kaum vor die Tür getraut. Jetzt werden sie wieder mehr. Das ist ein Zeichen, das es in die richtige Richtung geht.
Sie sprachen ja neulich sogar von einer „historischen Chance”. Ein Begriff, der großen Tatendrang andeutet.
Er bezieht sich darauf, dass es hier selten eine so große Transparenz und Planungssicherheit für einen Zeitraum von drei Jahren gab. Sicher, in der ersten Liga gab es gute Zeiten, in denen man nicht ständig um die Existenz fürchten musste. Aber wir haben erst jetzt eine verlässliche Grundlage, die ich als historische Chance betrachte. Es ist die Situation, in der Präsidium, Investor, Geschäftsführung, Aufsichtsrat, Fans, Mannschaft, sportliche Leitung, alle Löwen eben, einen Weg gemeinsamen Weg gehen. Im Moment passt alles – ganz im Ernst! Darin sehe ich eine historische Chance.
Wäre da nicht diese Ungeduld im Umfeld.
Ich bin ja selbst vom Typ her eher ungeduldig, von daher kann ich vieles nachvollziehen. Trotzdem dürfen wir uns davon nicht steuern lassen. Handeln wir nur nach den Impulsen von außen, bekommen wir Probleme und verlieren die Kontrolle. Und als Fan muss man auch wissen, wir gewinnen nicht immer und es wird auch in dieser Saison Phasen geben, in denen wir vielleicht drei oder vier Mal nacheinander verlieren. Aber dann ist der Aufstieg noch lange nicht abgehakt, das haben wir ja zum Beispiel letzten Winter mit einer Siegesserie bewiesen. Ungeduld akzeptiere ich, aber eine daraus resultierende Enttäuschung ist unnötig.
Diese Sicherheit schenkt Ihnen der Investor.
Er gibt uns die Chance und die Sicherheit, jetzt mehr Sechzig zu sein als in vielen Jahren davor. Wir können uns strategische Gedanken machen, wer sind wir, was wollen wir, und die Kraft entfalten, die ein Löwen-Rudel als Gemeinschaft entwickelt. Ein gutes Beispiel ist unsere neue Mannschaft: Wir haben uns schon vor den Verpflichtungen ausgetauscht, wie wir uns aufstellen wollen, haben die Spieler nach diesen Kriterien ausgesucht.
Was sagen Sie eigentlich, wenn die Löwen am Ende der Saison Vierter würden?
Unmittelbar würde ich natürlich sagen: So ein Mist. Das liegt daran, dass ich generell nicht gerne verliere und immer gewinnen will. Aber man hätte einen Schritt nach vorne gemacht und damit streng genommen auch das Saisonziel erreicht. Ich habe mich aber auch letztes Jahr trotz der guten Saison geärgert, dass es nicht geklappt hat – das muss ich schon zugeben.
Heißt, was Ihre Ungeduld betrifft, ticken Sie wie jeder andere Fan auch?
Ich fürchte ja, weil ich auch Fan bin. Aber ich kann mir Ungeduld natürlich nur bis zu einem gewissen Grad leisten und lasse mich schon gar nicht von ihr leiten.
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