Reiner Maurer: Seine Pläne mit 1860

Reiner Maurer, der zurückgekehrte Cheftrainer, benennt vor dem Trainingsauftakt am Montag seine Ziele mit den Löwen: Neues Wir-Gefühl schaffen – und ein Team bilden, das sich in einen Rausch spielt. Außerdem verrät er, dass ihm Geld nicht so viel bedeutet.
AZ: Herr Maurer, Sie sind seit zwei Tagen Löwen-Trainer, heute beginnen Sie mit dem Training. Wie haben Sie sich denn vorbereitet?
REINER MAURER: Ich habe fast die ganze Zeit am Telefon verbracht, um Absprachen zu treffen. Zum Ausruhen blieb da nur noch wenig Zeit. Das war aber auch nicht nötig. Dazu ist die Freude, dass es jetzt los geht, viel zu groß.
Wie wollen Sie nach der langen Trainersuche beim TSV 1860 eigentlich den Ruf als Verlegenheitslösung loswerden?
Natürlich sehe ich mich selbst nicht als solche. Aber wenn Sie das so sehen, habe ich damit kein Problem. Als ich damals 2004 zum ersten Mal hier Trainer wurde, war die Situation viel ungemütlicher (Maurer sprang nach dem Abstieg im Winter ein, um für den finanziell angeschlagenen Klub noch den Aufstieg zu schaffen. Er scheiterte nur knapp, die Red.). Ich weiß, dass viele Fans geteilter Meinung sind und viele einen bekannteren Trainer wollten, so wie damals einen Falko Götz oder Schoko Schachner. Aber haben die ihre Ziele erreicht? Es ist meine Aufgabe, jetzt alle von mir zu überzeugen. Ich weiß, dass ich gut arbeiten kann, das werde ich zeigen.
Vorletzte Woche schon haben Sie dem Verein ein Konzept vorgestellt, wie sah das denn aus?
Ich habe Wert darauf gelegt, dass mir Vertrauen und Zusammenarbeit wichtig sind. Ich kenne viele der Personen, die hier arbeiten, noch von damals. Außerdem weiß ich, was 1860 ausmacht, was die Fans wollen und wie die Alteingesessenen ticken. All das will ich nutzen, um hier schnell ein Wir-Gefühl aufzubauen. Das soll uns durch die Saison tragen, und wir brauchen es auch, um das Maximum aus dem Kader herauszuholen.
Stichwort Kader, wie soll der denn letztlich aussehen?
Da wir ja nur in einem kleinen Trainerteam arbeiten, will ich auch einen überschaubaren Kader haben. Ich werde immer wieder Jungs aus der U23 dazunehmen, in der Summe sollen es aber nicht mehr als 24 Feldspieler sein. Das ist mir wichtig, ich will effizient arbeiten. Natürlich hat es Priorität, dass wir noch einen starken Innenverteidiger dazuholen. Dann haben wir hoffentlich ein Team zusammen, das Jugend und Dynamik auszeichnet. Mit dem richtigen Zug im Training können wir dann viel erreichen.
Was heißt „viel“?
Natürlich müssen wir uns im Vergleich zur letzten Saison verbessern. Aber ich wäre auch mit Platz sieben noch lange nicht zufrieden. Mit einem konkreten Ziel halten wir uns erst mal zurück, da sind andere mehr unter Druck. Hertha muss quasi Erster werden, auch Bochum und Augsburg wollen aufsteigen und haben die entsprechenden Mannschaften dafür. Aber man sieht ja jetzt bei der WM, dass im Fußball vieles anders als erwartet laufen kann. Das kann eine Chance für uns werden.
Fürchten Sie, dass Spieler wie Antonio Rukavina oder José Holebas noch verkauft werden?
Ich bin nicht naiv und weiß genau, dass der Verein immer auf seine Finanzen schauen muss. Ich will nicht hoffen, dass noch jemand geht, aber sollte es so kommen, werden wir Alternativen haben. Gerne auch aus dem eigenen Jugendbereich. Zum Beispiel wird Tobias Strobl aus der U23 in den kommenden Tagen mittrainieren. Und er wird nicht der Einzige bleiben.
Welche Art Fußball wird es unter Ihnen zu sehen geben?
Mir ist es ganz wichtig, dass wir die Gegner sehr früh attackieren und unter Druck setzen. Gerade zu Hause müssen wir attackieren, schnell über die Außen spielen und vor allem Benny Lauth richtig einsetzen. Dass wir dann anfällig für Konter werden, nehme ich in Kauf. Wir haben Spieler, die sehr vielversprechend sind, ich will sie noch weiterbringen und dafür sorgen, dass meine Arbeit bei Ihnen in Fleisch und Blut übergeht.
Zum Abschluss noch mal zu Ihnen. Auch der Klub gibt zu, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis bei Ihnen das Beste war: Sie sind die günstigste Lösung. Muss man sich nun Sorgen machen, dass Sie nur noch einmal täglich warm essen können?
Ach, so extrem ist das ja auch nicht. Mir gefällt die Situation, ich bin zufrieden. Aber Geld ist mir jetzt nicht so wichtig. Ich sehe hier die Chance, etwas zu erreichen. Mit einer sehr jungen Mannschaft, die man aufbauen und fördern kann und die sich in einen Rausch spielen kann. Wenn wir am Montag Jung gegen Alt spielen, wird bei den Alten ein 22-Jähriger dabei sein. Das sagt doch alles über den Reiz der Aufgabe. Ich Freude mich riesig.
Interview: Marco Plein