Plötzlich sieht sich 1860 mit vier Baustellen konfrontiert – auch Glöckner in der Kritik

Wenn der TSV 1860 am Dienstag unter dem Himmel der Bayern im Wiesn-Zelt des Sponsors sitzt, hätte auch die Hochstimmung einen festen Platz an den Löwen-Tischen haben sollen. Weil aber binnen einer Woche die anhaltende Euphoriewelle gleich zwei kräftige Euphoriedämpfer bekam, werden die Mienen wohl eher ernste Züge tragen, der Besuch wird mehr zu einem Termin der Pflichtschuldigkeit, denn zu einem Stelldichein der Schulterklopfer.
TSV 1860 trifft am Samstag auf Aue
Am Samstag, wenn Sechzig beim krisengeplagten FC Erzgebirge Aue (14 Uhr) zu Gast ist, sollte nicht nur eine überzeugende Reaktion der Mannschaft folgen, sondern es sollten auch Punkte im Rückreisegepäck sein. Ansonsten wird es vermutlich noch weit ungemütlicher an der Grünwalder Straße 114 als es ohnehin schon in dieser Woche ist – wenn die offensichtlichen Problemfelder nicht so angepackt werden, dass sie einer Lösung entgegensteuern.

Wackelige Löwen: "Wir zerfallen viel zu leicht"
Die Energie: Sicher, die 30 Grad am Samstag machten es den Löwen nicht leicht, aber für eine derart lethargische Darbietung ohne Esprit und Frische reichte die Temperatur als Erklärung nicht aus. Und was besonders alarmierend ist, ist die Tatsache, dass schon für das Spiel gegen Hoffenheim II eine überzeugende Antwort auf die miserable erste Halbzeit bei Hansa Rostock (1:2) angekündigt worden war.
Stattdessen gab es ein 1:5-Desaster. Kevin Volland urteilte: "Die Energie fehlt zurzeit, das Aufbäumen nach Rückschlägen, wir zerfallen viel zu leicht, sind behäbig in beide Richtungen." Ein Befund, dem nun mit großem Willen und echter Mentalität zu begegnen ist.

Hinten immer löchriger, vorne nur noch ein laues Lüfterl
Die Defensive: Bis zum Heimspiel gegen Havelse (3:2) wirkte die neu formierte Dreierkette im Verbund mit zwei Sechsern und laufstarken Außenspielern sattelfest. Noch nicht perfekt harmonierend, aber sattelfest. Was auch immer seit der zweiten Halbzeit gegen den Aufsteiger, als die Sechzger ein 2:0 verspielten, sich aber per "Lucky Punch" retteten, geschehen ist, von den insgesamt positiven Eindrücken ist nichts mehr übrig. Zweimal in Folge reagierte Trainer Patrick Glöckner in der Halbzeitpause mit gravierenden Änderungen (Rostock, Hoffenheim II) auf die defensive Konfusion, zweimal ohne entscheidenden Effekt.
Die Offensive: Allein in den ersten zwanzig Minuten gegen Havelse waren für den TSV und sein Angriffstrio mit Volland, Florian Niederlechner und Sigurd Haugen bis zu drei Tore möglich. Wann immer sich etwas in Richtung des Gegners Tor entwickelte, lag ein Hauch von Gefahr in der Luft. Plötzlich ist davon nichts mehr übrig, in Rostock entstand nur vereinzelt echte Torgefahr, gegen Hoffenheim II bestenfalls sporadisch und erst, nachdem das Spiel quasi entschieden war. Justin Steinkötter war dabei meist involviert.

Trainer Glöckner sieht sich plötzlich scharfer Kritik ausgesetzt
Der Trainer: Glöckner erklärte am Samstag in der Pressekonferenz, welche Erwägungen er bei der Besetzung der Dreierkette mit Raphael Schifferl rechts, Siemen Voet in der Mitte und Sean Dulic auf links verfolgte. Dennoch war es ein Fehler, die Formation so umzustellen und die Spieler zu verschieben. Noch schlimmer wurde es nach der taktischen Rolle rückwärts. Die Verunsicherung kroch immer mehr in die Glieder.
Wie in Rostock wählte der Coach auch im zweiten Abschnitt gegen die Youngster aus dem Kraichgau eine Grundordnung mit Viererkette. Die hatte an der Ostseeküste ganz gut gewirkt, gegen Hoffenheim II schlug die Korrektur fehl.
Auch Glöckners Entscheidungen geraten nun mit den schlechten Leistungen und Ergebnissen unter das Brennglas des Argwohns. Erste Unmutsbekundungen waren vereinzelt zu vernehmen.