Nur vegane Kost: Adlung, der Fleischlos-Löwe

München - In den vergangenen Monaten hat sich einiges geändert beim TSV 1860. Während sechs Spieler die Löwen verließen, wurden mit Anthony Annan, Krisztian Simon und Jannik Bandowski drei Neuzugänge für die Mission Klassenerhalt geholt. Und einer hat seine Ernährung umgekrempelt: Daniel Adlung.
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"Ich habe mich noch nie besser gefühlt", sagt der 27-Jährige im AZ-Interview nach der Umstellung auf vegane Kost, zu deren Zubereitung er gerne auf Bücher von Attila Hildmann und Brendan Brazier für neue Ideen und Rezepte zurückgreife. Er spricht außerdem über die Rückrundenziele sowie seine neuen und alten Kollegen.
AZ: Herr Adlung, am Montag geht’s gegen Heidenheim. Wie groß ist die Vorfreude?
Sehr groß! Jeder ist heiß und hat Bock, den Karren aus dem Dreck zu ziehen.
Rückrundenziel kann’s angesichts Platz 15 nur eines geben...
Klar. Da unten will keiner gerne stehen. Es ist eine unschöne und gefährliche Situation, das hat jeder erkannt.
Wie groß ist der Druck, wenn es sofort wieder um überlebenswichtige Punkte geht?
Druck? Spüre ich überhaupt nicht. Es ist gefragt, dass wir kompakt auftreten. Das müssen wir über 90 Minuten hinbekommen, nicht nur streckenweise.
Welchen Eindruck haben Sie von den drei Neuzugängen Annan, Simon und Bandowski?
Das sind drei gute Jungs und gute Fußballer. Es liegt auch an uns, sie zu integrieren, aber mit einer solchen Situation haben wir genug Erfahrung.
Kann der Ex-Schalker Anthony Annan gleich weiterhelfen?
Seine Erfahrung mit 64 Länderspielen für Ghana spricht für sich. Er hat bei Top-Klubs in Europa gespielt und wird uns definitiv weiterhelfen. Wird sich nur zeigen ab wann, weil er eine längere Pause hatte.
Sechs Spieler haben den Verein verlassen, auch Ihr Kumpel Yannick Stark.
Natürlich ist es schade, dass er nicht mehr bei uns ist. Er ist ein guter Freund. Es war sein Wunsch, wieder nach Hause zu gehen, das ist völlig okay.
Sie sind zuletzt zu einem richtigen Anführer geworden, haben die Binde übernommen.
Ich fühle mich wohl und versuche, voranzugehen. Die ganze Mannschaft hat jetzt viel mehr Stimmung, jeder übernimmt mehr Verantwortung.
Mit Chris Schindler ist ausgerechnet der Kapitän durch wechselhafte Leistungen weggefallen. War die Last zu groß?
Nein. Das ist noch ein junger Kerl, das darf man ihm nicht verübeln. Es ist ganz normal, dass du mal in ein Loch fällst, wenn du viel gespielt hast. Er ist jetzt wieder frisch und auf einem guten Weg. Er ist und bleibt unser Kapitän...
...muss aber womöglich noch länger auf die Bank, weil Kagelmacher und Vallori zuletzt gut harmonierten.
Man wird sehen, wie sich der Trainer entscheidet. Klar, in der Verteidigung wird nicht so oft gewechselt. Wenn sich mal ein Pärchen gefunden hat, ist es schon wichtig, es nicht wieder auseinanderzureißen. Aber jeder weiß: Wenn seine Chance kommt, muss er da sein.
Themawechsel: Sie ernähren sich seit gut drei Monaten vegan. Wie kam es dazu?
Ich bin durch eine Bekannte darauf aufmerksam geworden. Ich habe mich vorher schon bewusst ernährt, aber Fleisch gegessen. Ich wollte das einfach mal ausprobieren.
Moralische Gründe haben also keine Rolle gespielt?
Wenn man sich mit dem Thema Tierhaltung befasst, macht man sich natürlich Gedanken. Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Bei mir waren Gesundheit und Fitness ausschlaggebend.
Wie sieht Ihr Speiseplan aus?
Zum Frühstück gibt‘s dunkles Brot mit Aufstrichen und einen Shake, mittags Kohlenhydrate, Quinoa, Linsen. abends Soja-Schnitzel und Gemüse. Dazu grüne Smoothies, Dinkelflocken. Im Trainingslager war immer Essen für mich und meinen Ernährungsplan da.
Veganern wird oft ein gewisser Nährstoffmangel nachgesagt. Wie lässt sich das mit Leistungssport vereinbaren?
Sehr gut. Man muss nur gut informiert sein. Ich habe alles abgedeckt. Es gibt für alles Ersatz: Nüsse und Hülsenfrüchte statt Steak liefern Proteine. Nur Tropfen muss ich einnehmen – wegen Vitamin B12 und wichtigen Fettsäuren. Wir machen Blutbilder, die waren zuletzt sehr gut bei mir. Überhaupt: Vorher war ich oft müde und schlapp nach dem Essen, weil der Körper extrem viel arbeiten muss. Das Gefühl habe ich gar nicht mehr. Ich habe mich noch nie besser gefühlt. Problematisch ist eher, was ich nicht essen „darf“: Bei Goji-Beeren aus China oder Matcha-Shakes sind Ernährungsberater kritisch, wegen der Dopingliste. Da muss ich aufpassen.
Ansonsten sündigen Sie nicht?
Entweder ganz oder ganz nicht. Ich ziehe es 100 Prozent durch. Gut, am Tag nach dem Spiel esse ich ab und an Süßigkeiten.
Stehen Sie selbst am Herd?
Zweimal am Tag!
Möglich, dass Teamkollege nachziehen?
Es gibt einige, die sich Gedanken darüber machen. Bisher macht noch keiner mit.
Haben Sie schon mit dem anderen Vegetarier bei 1860, Präsident Gerhard Mayrhofer, gesprochen?
Nein, ich habe erst kürzlich davon erfahren. Wir können gerne mal Essen gehen!