Münchens große Lücke
München - Auch wenn sie bei den Löwen nur wenig Lust darauf haben, den Rest der Saison im Mittelmaß der Tabelle festzustecken, und sich einige schon so langsam das Ende der Runde herbeisehnen, ein paar erfreuliche Aspekte bringen die restlichen Spiele aber doch mit sich. Zum Beispiel steht für alle der ausbleibenden vier Heimgegner der Sechzger noch eine Menge auf dem Spiel: Karlsruhe und Ingolstadt stecken tief im Abstiegskampf, Cottbus und Fürth machen sich berechtigte Hoffnungen, am Ende einen Aufstiegsplatz zu belegen. Immerhin, auch wenn alle vier Teams bei weitem keine Zuschauermagnete sind, ein paar Fans dürften sie für ihre entscheidenden Partien dann doch mitbringen.
Für die Löwen wäre das allemal erfreulich, denn vor so einer Geisterkulisse wie zuletzt gegen Oberhausen spielen zu müssen, ist wahrlich keine Freude. Und weil am Ende wieder mal ein enttäuschendes 1:1 heraussprang, sagt Trainer Reiner Maurer: „Es ist traurig, dass wir selbst die treuesten Fans enttäuschen.” Noch viel härtere Worte wählte Präsident Dieter Schneider, dem die Partie dermaßen missfallen hatte, dass er sagte: „Wenn ich als Fan dagewesen wäre, hätte ich in der Halbzeit schreiend aus dem Stadion rennen müssen. Es war ein grausames Spiel." Auch Geschäftsführer Robert Schäfer meldete sich warnend zu Wort, ihm fiel auf: „Wenn wir so spielen, vertreiben wir Zuschauer und spielen das Stadion leer. Darüber müssen wir uns bewusst sein."
Freilich, Schäfer hat recht, wenn er sagt: „Die Attraktivität der Heimspiele lässt sich in der Zweiten Liga so gut wie nie über den Gegner gewinnen. Man muss schon selbst die Fans überzeugen, und ich sehe es als Auftrag, die leeren Plätze zu füllen.” Dennoch geht es ihm mächtig auf den Keks, pro Spiel vor geringen Kulissen wie gegen Oberhausen – als 13800 Karten verkauft wurden, aber viel weniger Menschen kamen – Verluste hinzunehmen. Ex-Präsident Rainer Beeck verriet vergangenen September, nachdem gegen Aue 17600 Karten verkauft worden waren: „Die Zahl ist zu wenig. Sie liegt unter der Kostendeckung." Nun gibt auch Schäfer zu: „Wie viele Leute kommen müssen, um keinen Verlust zu machen, lässt sich schwer errechnen. Aber eines steht fest, bei 14000 Karten sehen wir ganz alt aus." Und der 34-Jährige ergänzt: „Es ist ganz bitter. Das viele Grau im Stadion ist nur schwer zu ertragen". Die unendlichen Graustellen entwickeln sich für den TSV 1860, der so gerne mit dem Slogan „Münchens große Liebe" für sich wirbt, mehr und mehr zu „Münchens großer Lücke".
Um eine Lösung zu finden, feilt Schäfer, wie die AZ erfuhr, an einer Idee: Zusammen mit einem Druckunternehmen will er riesige Bilder ehemaliger Spieler, die sich um den Verein verdient gemacht haben, anfertigen lassen und damit vor den Heimspielen die unzähligen grauen Sitze des Oberrangs komplett abdecken. Der Geschäftsführer hofft, damit zum einen mehr Farbe in die Arena zu bringen und zum anderen die Tristesse zu vertreiben. Ihm schwebt ein Stadion vor, das rund 40000 Zuschauern Platz bietet. Dies wäre für Zweitligaverhältnisse zwar immer noch riesig, es würde den Löwen aber aufgrund der geringeren Anzahl leerer Plätze keinen ganz so düsteren Anblick mehr vermitteln. Nächste Woche gegen Karlsruhe könnten die ersten Bilder schon ausgelegt werden. Immerhin, das wäre ja mal was.
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