Minus zehn Prozent

Gerade mal zwei Wochen im Amt, greift der neue Geschäftsführer Robert Schäfer zu knallharten Sanierungsmaßnahmen: Die Gehaltskürzung um zehn Prozent trifft Profis wie einfache Angestellte gleichermaßen.
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Ein Ort, an dem die Mitarbeiter nur wenig Vorfreude auf Weihnachten verspüren: die Löwen-Geschäftsstelle. Foto: firo/Augenklick
abendzeitung Ein Ort, an dem die Mitarbeiter nur wenig Vorfreude auf Weihnachten verspüren: die Löwen-Geschäftsstelle. Foto: firo/Augenklick

MÜNCHEN - Gerade mal zwei Wochen im Amt, greift der neue Geschäftsführer Robert Schäfer zu knallharten Sanierungsmaßnahmen: Die Gehaltskürzung um zehn Prozent trifft Profis wie einfache Angestellte gleichermaßen.

Am Dienstagabend präsentierten sich die Löwen mal von ihrer besten Seite. Beim Kabarettabend in der Muffathalle mit Otti Fischer, Michael Altinger, Piet Klocke und Co. zeigte sich das liebenswerte, das sympathische Gesicht dieses Vereins, der stets zwischen Größenwahn und Untergangsstimmung agiert. Es wurde viel gelacht – auch, wenn es einigen im Saal sichtlich schwer fiel.

Nachmittags hatte Geschäftsführer Robert Schäfer alle Mitarbeiter der Geschäftsstelle, des Jugendleistungszentrums, die Spieler und Trainer eindringlich gebeten, auf zehn Prozent ihres Gehalts zu verzichten.

Wobei „gebeten“ nur die offizielle Lesart ist. Schäfer wird den Gehaltsverzicht knallhart einfordern, am Mittwoch ließ er keinen Zweifel offen, dass er auch eventuelle Rechtsstreitigkeiten in Kauf nehmen würde. „Es geht hier nicht mehr so weiter. Wir müssen endlich mit der Sanierung anfangen. Und mir ist es ganz wichtig, dass wir damit bei uns selbst anfangen“, sagte er.

Gerade mal seit zwei Wochen im Amt und von seinem Auftreten und den Umgangsformen her mit Abstand der netteste Löwen-Geschäftsführer der letzten zehn Jahre, wagt Schäfer, was sich keiner seiner Vorgänger getraut hat. Er hat den Hammer herausgeholt – und lässt alle bluten. Von der Waschfrau bis zum Jugendtrainer, vom Busfahrer bis zum teuersten Star – Schäfer geht kurz vor Weihnachten allen an den Geldbeutel.

„Wir müssen ein Zeichen setzen“, so Schäfer, der selbst bereits mit gutem Beispiel vorangegangen ist und nach seiner Vertragsunterschrift freiwillig auf 20 Prozent seines Gehalts verzichtet hat für den Zeitraum der Sanierung.

Die AZ beantwortet die wichtigsten Fragen zum TSV Minus zehn Prozent

Warum minus 10 Prozent?

Schäfer muss in den kommenden Wochen mit den Hauptgläubigern und -Partnern (neben dem FC Bayern und der Vermarktungstochter LSV auch einige Banken) über weitere Stundungen der Forderungen und Vertragskonditionen verhandeln. „Wir wollen das Signal geben, dass wir es ernst meinen mit der Sanierung und bei uns selbst damit anfangen“, sagte er. Tatsächlich ist die Maßnahme, mit der Schäfer rund eine Million Euro an Gehaltskosten im Jahr einspart, ein integraler Bestandteil des Sanierungsplans, den Schäfer den Gläubigerbanken vorgestellt hat.

Wie soll die Kürzung durchgesetzt werden?

chäfer wird so genannte Änderungskündigungen aussprechen und so die Bezüge anpassen. „Wir werden das durchsetzen“, sagte er. Die Mitarbeiter und Spieler haben nun bis Mitte nächster Woche Zeit, das neue Gehaltsangebot per Unterschrift zu akzeptieren – oder dagegen zu klagen. „Bei Unternehmen, die sich in einem Sanierungsprozess befinden, sind solche Änderungskündigungen rechtens“, glaubt Schäfer.

Wer ist betroffen?

Insgesamt sind 125 Menschen bei der KGaA angestellt. Allerdings sind nicht alle vom Gehaltsverzicht betroffen. Schäfer: „Unsere vorgeschlagene Untergrenze liegt bei 1.500 Euro im Monat.“ Wer jetzt schon weniger verdient – etwa Juniorenspieler oder Teilzeitkräfte – wird nicht noch weiter geschröpft.

Wie reagiert der Betriebsrat?

"Ein Großteil der Angestellten zeigt eine Bereitschaft, der Gehaltskürzung zuzustimmen“, sagt die Betriebsratsvorsitzende Angelika Frisch, die aber noch mehrere Verhandlungsrunden einfordert. „Wir sind in einer schwierigen Situation. Eigentlich sollte man da zusammenhalten. Man kann keinen Krieg gewinnen, wenn man kein Heer hat. Es wird noch einige harte Gespräche mit Herrn Schäfer geben. Optimal wäre, eine Betriebsvereinbarung mit der Geschäftsleitung zu treffen“, ergänzt sie. "Einfach 10 Prozent zu kürzen, das geht nicht. Es gibt einen Kündigungsschutz und wir haben Arbeitsrecht, an dass man sich halten muss."

Wieso kürzt Schäfer nicht nur den Spielern das Gehalt?

„Das wäre mir zu einfach“, sagte der Geschäftsführer. „Wir alle müssen zusammenrücken“, so Schäfer, der hofft, dass so ein „neues Zusammengehörigkeitsgefühl entstehen kann.“

Was sagt die Mannschaft?

Die Führungsspieler wie Daniel Bierofka, Benny Lauth, Stefan Aigner, Gabor Kiraly oder Florin Lovin werden dem Gehaltsverzicht zustimmen – und Druck auf die Kollegen machen. „Wir werden uns am Donnerstag ohne Trainer zusammensetzen, darüber diskutieren und abstimmen. Die Mehrheit entscheidet, ich möchte, dass am Ende alle mit der Entscheidung leben können“, sagte Lovin der AZ.

Welche Maßnahmen plant Schäfer noch?

Spieler und Trainer müssen nicht nur finanziell bluten – auch die Arbeitsbedingungen werden erschwert. Das geplante Winter-Trainingslager in der Türkei hat Schäfer bereits gestrichen.

F. Cataldo, R. Franke, M. Plein

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