Miki Stevic droht den Löwen-Stars – mit Tolstoi

1860-Sportdirektor Miroslav Stevic zitiert den russischen Schriftsteller und führt vorerst keine Vertragsgespräche. Dabei scheint der Sportdirektor gewillt, das Gesicht der Mannschaft zur Not grundlegend zu verändern.
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Löwen-Sportdirektor Miki Stevic
sampics/Augenklick Löwen-Sportdirektor Miki Stevic

MÜNCHEN - 1860-Sportdirektor Miroslav Stevic zitiert den russischen Schriftsteller und führt vorerst keine Vertragsgespräche. Dabei scheint der Sportdirektor gewillt, das Gesicht der Mannschaft zur Not grundlegend zu verändern.

Okay, die Löwen haben in der Rückrunde bislang mehr Punkte geholt als die Kollegen von der Säbener Straße. Den vier Zählern der Löwen stehen drei der Bayern entgegen. Doch kaufen können sich die Sechzger davon nichts. Auch nach dem 2:1 gegen Ahlen vom letzten Sonntag steckt 1860 im Mittelmaß der Zweiten Liga fest.

Das nächste Spiel am Sonntag in Duisburg (14 Uhr, AZ-Liveticker) ist also wieder mal richtungsweisend. „Mit einem Sieg könnte man sagen, wir haben die Kurve gekriegt“, sagt der neue Sportdirektor Miki Stevic. Zumindest kurzfristig. Auf Dauer mag sich Stevic nicht abfinden mit dem Abwenden einer sportlichen Krise, er hat eine klare Vision für seine Löwen. Und die hört keineswegs mit dem Aufstieg in die Bundesliga auf. Der ist schon für die nächste Saison geplant. Aber Stevic’ denkt langfristig, ihm geht es um eine Neupositionierung des Klubs, um einen Imagewandel. „Jedes Original ist besser als jede gut gemachte Kopie“, sagt Stevic: „Sechzig muss wieder Sechzig werden. 1860 war immer ein Arbeiterverein und wird auch immer einer sein. Wir müssen ein Verein zum Anfassen sein.“

Bereits am Donnerstag hatte Stevic in der AZ die Spieler in die Pflicht genommen und sie aufgefordert, sich ein Beispiel zu nehmen an den Helden von einst. „Wir brauchen wieder die richtige Löwen-Mentalität, das Löwen-Gen“, hatte Stevic gesagt. Nun geht der Serbe noch einen Schritt weiter: „Der Verein, der Löwe steht über allem. Jeder, der hier einen Vertrag unterschreibt, muss wissen, worauf er sich bei 1860 einlässt“, sagt er, „es sollen nur Spieler kommen, die sich voll identifizieren mit dem, was 1860 ausmacht.“ Und das wäre? Stevic: „Die Spieler müssen so sein wie unsere Fans. Die Löwen-Fans sind ehrliche Arbeiter, die unter der Woche hart arbeiten und sich am Wochenende auf ihren Klub Freude. Die Mannschaft soll die Herzen der Fans erwärmen.“

Stevic ist klar, dass es dafür die richtigen Spieler braucht, Spieler mit Kämpferherz, fußballerische Malocher, Typen, an denen sich die Fans reiben können. „Nur mit braven Spielern gewinnst du keinen Blumentopf“, sagt Stevic, „du brauchst leidenschaftliche Kämpfer.“ Und der Sportdirektor scheint gewillt, das Gesicht der Mannschaft zur Not grundlegend zu verändern. „Fußballer, Trainer, Sportdirektor, wir alle werden an Leistung gemessen“, sagt er, „alle bekommen ihre Chance, aber ich beschäftige mich jetzt noch überhaupt nicht mit der Frage, mit welchem Spieler wir den Vertrag verlängern sollen oder nicht.“ Denn: „Alles nimmt ein gutes Ende für den, der warten kann“, sagt Stevic und zitiert damit sogar den großen russischen Schriftsteller Leo Tolstoi.

Und je länger Stevic wartet mit Verhandlungen, desto mehr Druck macht er den Spielern. Dass bei neun Spielern der Vertrag zum Saisonende bei 1860 ausläuft, hält Stevic sogar für eine „Luxussituation“. „Weil ab jetzt nur noch Leistung zählt“, sagt Stevic, „wer Leistung bringt, der hat gute Chancen.“ Doch auch Spieler mit länger laufenden Verträgen sollten sich in den nächsten Wochen lieber nicht zu sehr ausruhen. „Langfristige Verträge bedeuten nur, dass der Verein Vertrauen in jemanden hat. Aber dieses Vertrauen muss man rechtfertigen, jedes Mal aufs Neue“, meint der Sportdirektor.

Es ist keine Schreckensherrschaft, die Stevic installieren will an der Grünwalder Straße, der Heimat des oft mystifizierten Arbeitervereins 1860, aber der Wind über dem alten Arbeiterviertel Giesing scheint rauer zu werden unter dem neuen Sportdirektor.

Filippo Cataldo

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