Löwen-Sponsor stellt Ultimatum: 14 existenzielle Fragen
MÜNCHEN - Beim TSV 1860 München schrillen die Alarmglocken. Das Führungschaos bei den „Löwen“ mit der fristlosen Entlassung von Geschäftsführer Stefan Ziffzer als unrühmlichen Höhepunkt kann dem Club der 2. Fußball-Bundesliga die Existenz kosten.
Aus Sorge um seinen guten Ruf wird Hauptsponsor Trenkwalder sein vertraglich bis 2009 fixiertes und mit geschätzten 740.000 Euro jährlich dotiertes Engagement womöglich vorzeitig beenden. Der drohende Ausstieg des österreichischen Zeitarbeitsunternehmen könnte fatale Folgen für den Traditionsclub haben und sogar den Entzug der Lizenz bedeuten.
Einen Tag nach dem Rauswurf von Ziffzer, der den Präsidenten Albrecht von Linde nach dem Punktspiel gegen Osnabrück am Pfingstsonntag in einer Wutrede hart attackiert hatte, bekamen die „Löwen“ die erwartete Quittung für die Peinlichkeiten der vergangenen Tage. In einem Offenen Brief an die Vereinsführung brachte Trenkwalder am Mittwoch seine „tiefe Enttäuschung“ über die Vorgänge zum Ausdruck und forderte das Präsidium in einem 14 Punkte umfassenden Fragenkatalog auf, bis zum kommenden Montag (12.00 Uhr) Informationen von „grundsätzlicher Bedeutung“ über die finanzielle und personelle Situation zu liefern.
Klares Ultimatum und harsche Kritik
„Sollten die Informationen nicht in entsprechender Form und Umfang erfolgen, so sehen wir keine Basis für langfristige, partnerschaftliche Zusammenarbeit miteinander und werden eine vorzeitige Auflösung des Hauptsponsorvertrags nach rechtlicher Prüfung in Erwägung ziehen“, formulierte Hermann Mairhofer, Verwaltungsrats-Präsident des Unternehmens, in klaren Worten das Ultimatum an die Sechziger und übte harsche Kritik am 1860- Präsidenten.
Von Linde musste sich vorwerfen lassen, den Sponsor nicht über die Vorgänge im Verein und mögliche Beeinträchtigungen in der Geschäftsführung informiert zu haben. „Unsere Erwartungshaltung an ein professionelles Präsidium ist eine andere“, hieß es in dem Schreiben. Ohne eigenes Zutun sei der Hauptsponsor in eine Konfliktsituation geraden, durch die die Gefahr eines Imageschadens gegeben sei, „den wir nicht hinnehmen können. So baut man keinerlei Vertrauen für einen partnerschaftlichen Umgang miteinander auf.“
Eine Million Euro Eigenkapital gefordert
Ein Ausstieg des Personaldienstleisters (1 Milliarde Euro Umsatz) könnte die Sechziger in höchste Not bringen. Um die von der Deutschen Fußball-Liga (DFL) geforderte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Saison 2008/2009 sicherzustellen und damit die Auflage im Lizenzierungsverfahren zu erfüllen, muss der Club bis Jahresende ein Eigenkapital von mindestens einer Million Euro beschaffen.
„Es sind Verträge mit Sponsoren da und wir sind mit anderen Investoren im Gespräch. Das Sechzig vor dem Konkurs steht, das kann man vergessen“, stellte Vize-Präsident Karsten Wettberg im Deutschen Sportfernsehen (DSF) fest. Der gefeuerte Ziffzer, der mit der Kündigung auch Hausverbot beim TSV 1860 bekam, hielt im DSF dagegen: „Sechzig braucht bis Dezember eine Million Eigenkapital. Nur dann können wir uns das Monatsgehalt eines weiteren Spielers leisten, denn die Planung für die nächste Saison ist Spitz auf Knopf gestrickt.“ (dpa)
Im Folgenden der Fragenkatalog, auf den die Löwen bis Montag entsprechend reagieren müssen:
1. Finanzen
1.1. Ist genug Eigenkapital vorhanden, um die von der DFL geforderte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in der Saison 2008/09 sicherzustellen? Kann die Auflage der DFL im Lizenzierungsverfahren noch erfüllt werden, wonach bis Ende 2008 mindestens EUR 1,0 Mio. Eigenkapital zu beschaffen ist?
1.2. Droht ein Lizenzentzug seitens der DFL, wenn Sponsoren abspringen?
1.3. Droht eine Insolvenz der TSV München von 1860 GmbH & Co. KGaA, wenn Sponsoren abspringen?
1.4. Sind die Bankzusagen an Herrn Dr. Ziffzers Geschäftsführertätigkeit gekoppelt?
1.5. Ist die Vereinsführung bereit, dem Hauptsponsor unverzüglich einen Finanzbericht zur Verfügung zu stellen, um die aktuelle Finanzlage feststellen und seine Rechte aus dem Sponsorvertrag wahrnehmen zu können?
2. Partnerschaft
2.1. Eine Sponsoringpartnerschaft basiert auf gegenseitiger Information. Warum haben Sie Ihre Aufgabe bisher in keiner Weise wahrgenommen, den Hauptsponsor über Vorgänge im Verein und mögliche Beeinträchtigungen in der Geschäftsführung zu informieren?
2.2. Ist es Ziel führend und möglicherweise ein Zukunftsmodell, dass der Hauptsponsor bei wesentlichen Personalentscheidungen ein Mitspracherecht hat, z.B. in Form einer Vertretung im Aufsichtsrat bzw. Präsidium, was wir als vertrauensbildende Maßnahme in der jetzigen Situation sehr begrüßen würden.
2.3. Gibt es bereits Kündigungen oder Kündigungsandrohungen seitens der Sponsoren? Wenn ja, in welchem Umfang und finanziellen Volumen?
2.4. Die Geschäftsführerverträge müssen mindestens dieselbe Laufzeit haben wie die Investorenverträge, um eine Vertrauensbasis aufzubauen und Verlässlichkeit zu gewährleisten. Teilt das Präsidium diese Ansicht?
2.5. Geschäftsgrundlage bei Abschluss des Sponsorvertrages war, dass der Verein nach all den Wirrnissen der Vergangenheit durch Konstanz in der Geschäftsführung in ruhiges Fahrwasser gerät. Wie will das Präsidium sicherstellen, dass der vertraglich angestrebte Imagetransfer angesichts der chaotischen Verhältnisse im Club gelingt?
3. Personal
3.1. Durch wen soll Herr Dr. Stefan Ziffzer ersetzt werden? Wann?
3.2. Hält das Präsidium langfristig an Herrn Stefan Reuter fest? Wird sein Vertrag verlängert?
3.3. Ist im Präsidium die für Herbst 2008 angekündigte Rotation nach wie vor geplant? Wer wird das Präsidium dann führen?
3.4. Wie geht das Präsidium mit dem Misstrauen auf Seiten der Mitglieder, Sponsoren, Fans und ggf. Aufsichtsrat um? Wäre es Ziel führender, zum Wohle des Vereins den Weg für einen Neuanfang frei zu machen?