Löwen-Boss Niemann: „Unser Feind ist die Zeit“

Robert Niemann hatte sich lange zurückgehalten. Doch am Samstag, bei einem Spaziergang durch Krakau, redete der 1860-Geschäftsführer: über seinen Vorgänger, die aktuellen Finanzprobleme, die Beziehungen zum FC Bayern und natürlich über die Zukunft der Löwen.
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KRAKAU - Robert Niemann hatte sich lange zurückgehalten. Doch am Samstag, bei einem Spaziergang durch Krakau, redete der 1860-Geschäftsführer: über seinen Vorgänger, die aktuellen Finanzprobleme, die Beziehungen zum FC Bayern und natürlich über die Zukunft der Löwen.

Robert Niemann hatte etwas zu sagen. Der Geschäftsführer des TSV 1860 hatte sich in den rund 70 Tagen seiner Amtszeit immer zurückhaltend geäußert, er wollte sich „erstmal einen Überblick verschaffen“. Doch am Samstag fand seine Zurückhaltung ein Ende. Vor dem Testspiel bei Cracovia Krakau (1:2) lud der 43-jährige Diplom-Kaufmann zu einem Spaziergang durch die herrliche Altstadt der polnischen Metropole - und redete. Über seinen Vorgänger Manfred Stoffers, über die aktuellen Finanzprobleme und die Beziehungen zum FC Bayern und natürlich über die Zukunft der Löwen.

Niemann legt seine Stirn in Falten, wenn er an die Zeit unmittelbar nach seinem Dienstantritt am 1. August denkt. „Ich möchte betonen, dass ich nie schlecht über meinen Vorgänger gesprochen habe“, sagt er – und legt los. Die Hinterlassenschaft von Stoffers sei wahrlich keine leichte. Stoffers habe zwar stets angekündigt, Rücklagen zu bilden, das sei aber nie geschehen. „Kaufmännisch gesehen war das Wahnsinn“, sagt Niemann und mag nicht widersprechen, als jemand einwirft, Stoffers habe wohl allgemein viel geredet, aber nicht viel bewirkt. „Mit dieser Einschätzung liegen Sie wohl nicht daneben“, sagt Niemann und blickt vielsagend zu Boden. „Wir hatten bisher nur telefonisch Kontakt“, verrät er. Was Niemann Stoffers heute zu sagen hätte, ist leicht zu erraten.

„Momentan bin ich immer noch dabei, den Verein zu stabilisieren“, erzählt er weiter. Um liquide Mittel zu beschaffen, „bin ich ständig unterwegs, ich fahre zu jedem kleinen Geldgeber persönlich“. Es sei eine Rettungsoperation. Wichtigster Ansprechpartner bleibt der FC Bayern, der Vermieter der Allianz Arena. Da Stoffers die Mietzahlungen einstellte und anschließend den Gerichtsprozess mit Pauken und Trompeten verlor, schuldete 1860 dem ungeliebten Nachbarn rund drei Millionen Euro. Etwa ein Drittel überwies Niemann kurz nach Dienstantritt, „aber nicht freiwillig, sondern um einen festen Zahlungstermin einzuhalten“. Bei den Bayern habe „immer Gesprächsbereitschaft bestanden, aber es ist doch klar: Wenn man über Jahre von seinem Nachbarn beleidigt und sogar verklagt wird, dann sagt man nicht so einfach ,Schwamm drüber'. Es wurde viel Geschirr zerschlagen“, sagt Niemann, der Vermittler.

„Nach der Stabilisierung kommt die Sanierung“, berichtet Niemann, der Finanzmensch. „Wir werden jeden Stein umdrehen, jeden Posten hinterfragen“, kündigt er an - und klingt dabei wie seine Vorgänger. Und dies ändert sich auch nicht, wenn man ihn nach dem Hauptproblem bei der Sanierung fragt. „Unser Feind ist die Zeit“, sagt Niemann dann.

Auch beim Spielerkader müsse übrigens gespart werden. „Ich habe mit Miki Stevic und Trainer Reiner Maurer bereits darüber gesprochen.“ Verkäufe in der Winterpause sind programmiert. Niemann weiter: „Ohne unsere gute Jugendarbeit wäre der Verein nicht mehr am Leben, das muss man so knallhart sagen.“

Dennoch bleibt das Stadion das spannendste Thema. „Eines ist klar: Mit den momentanen Stadionkosten können wir in der Zweiten Liga nicht überleben“, sagt der Geschäftsführer. Wo die Löwen künftig spielen werden, „das kann ich heute noch nicht sagen, Ende Oktober werden wir etwas verkünden“.

Joscha Thieringer

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