Löwe Rukavina: "Eigentlich will ich bleiben..."
AZ: Hallo Herr Rukavina, wir sitzen bei 35 Grad auf der Terrasse des Löwen-Stüberls. Macht Ihnen die Hitze der letzten Tage zu schaffen?
ANTONIO RUKAVINA: So lange ich nicht zu viel in der Sonne bin, nein. Ich bin ein Schattentyp, 15 Minuten Sonne, mehr nicht. Ich gehe auch erst abends aus dem Haus bei der Hitze. In Belgrad war das früher noch viel krasser. Da hatten wir teilweise 40 Grad von Mai bis September.
Da können Ihre Eltern, die ja gerade zu Besuch sind, nur über die Hitze lachen.
Ja, das stimmt. Mein Vater zieht seine 1860-Mütze auf, dann geht das schon. Wir sind auch gerne daheim, ich habe jetzt eine 90-Quadratmeter-Wohnung in Harlaching. Wir haben drei große Zimmer, meine Eltern haben es sich im Wohnzimmer gemütlich gemacht. Ich genieße das sehr, wenn sie da sind. Da kann ich komplett abschalten.
Das ist bei Ihnen gerade besonders wichtig. Wie behalten Sie Ihre Ruhe in den Tagen vor dem Transferschluss?
Es ist nicht so, dass ich total verzweifelt bin und verrückt werde. Ich war schon immer ein Typ, der Probleme direkt angegangen ist. Jetzt rede ich viel mit meinen Eltern, sie sagen, ich muss selbst wissen, was ich will. Ihnen ist wichtig, dass sie in Belgrad alle Spiele im Fernsehen gucken können, das sollte ich also beachten (lacht). Aber sie kennen sich mit dem Geschäft auch gar nicht aus.
Was spielt sich bei Ihnen im Kopf ab, wenn Sie überlegen, ob Sie für weniger Gehalt hierbleiben oder wechseln sollen?
Ich wäge ab, von morgens bis abends. Ich mache mir Listen im Kopf, pro und contra. Eigentlich will ich ja bleiben, der Verein ist toll, ich spiele, wir mögen die Stadt, die Zweite Liga ist die beste der Welt. Das hört sich alles sehr gut an. Aber ich muss auch auf meine Karriere im Blick haben, manchmal denke ich, es ist die wichtigste Entscheidung meiner Profi-Zeit. Ich darf nichts Falsches machen, deswegen warte ich so lange. Es gibt auch eine Contra-Seite. Eigentlich darf ich nicht noch mal auf einen Großteil meines Gehalts verzichten, das habe ich doch schon beim Wechsel von Dortmund hierher gemacht. Ich muss an meine Familie denken, ich habe vielleicht nur noch fünf Jahre, in denen ich spielen kann. Ich bin 27, ich bin nicht mehr jung, aber zum Glück auch noch nicht alt.
Wie gehen Sie mit Angeboten um?
Mein Handy klingelt den ganzen Tag. Ständig Anfragen. Neulich gab es eine aus Weißrussland, dann habe ich mir das genauer angeschaut und gesehen, das ist ja Kriegsgebiet, das kann ich doch meiner Familie nicht antun. Es gibt jetzt viele Anrufe aus dem Osten, Russland. Aber ich habe nie Fakten auf einem Blatt Papier vor mir gesehen. Generell bin ich aber total offen dafür, noch mal ein neues Land kennenzulernen. Als Kind habe ich von Spanien geträumt. Noch sind ja ein paar Tage Zeit. Meine Position macht es mir nicht leichter, Außenverteidiger wechseln selten und es gibt auch kaum Angebote.
Wie wichtig ist Ihnen Geld?
Es ist schon wichtig, aber es ist nicht alles. Ich mag es überhaupt nicht, dass ich nur noch in Verbindung mit meinem Gehalt gesehen werde. Wenn man einen Mercedes kauft, dann kann man nicht erwarten, dass man einen Smart bezahlen muss. Ich muss aber auch sagen, dass ich die generelle Entwicklung in dem Beruf schlimm finde, es geht nur noch um Geld und um Zahlen. Jeder will was verdienen, da geht es nicht mehr um Spaß. Ich will am liebsten wieder ein Kind sein. Da war alles unbeschwerter.
Immerhin: Bei 1860 spielen Sie jetzt wieder; man weiß, was man an Ihnen hat.
Das stimmt, und das freut mich. Aber ich habe es nicht vergessen, wie man mich im Juli behandelt hat. Das habe ich auch 100 Mal gesagt. Trotzdem bin ich froh, dass ich zeigen kann, was ich drauf habe. Ich fühle mich ja auch super wohl in diesem Team. Es könnte alles so einfach sein.
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