Löwe Lauth: Torschütze statt Tourist
Löwen-Stürmer Lauth kennt sich gut aus beim HSV und in Hamburg. Hier erklärt er die Stadt – und warum 1860 dort die Pokal-Sensation schafft
AZ: Herr Lauth, nehmen wir einmal an, Sie wären Reiseführer in Hamburg, Sie kennen sich dort ja aus: Worauf sollte man auf gar keinen Fall bei einem Besuch in der Stadt verzichten?
BENJAMIN LAUTH: Die Stadt ist sehr schön, hat sehr viel Wasser zu bieten, mit der Binnenalster, der Außenalster, dazu dem Hafen. Und dann gibt's da noch das Schanzenviertel. Das hat besonderen Flair, da wird einem alles geboten. Und natürlich die Reeperbahn, sie ist viel besser als ihr Image. Da gibt's nicht nur Sexshops, sondern auch tolle Cafés und Bars. Empfehlenswert ist auch ein Besuch in der Nordbank-Arena – eines der schönsten Stadien Deutschlands.
Zum Besichtigen bleibt aber bei Ihrem nächsten Besuch keine Zeit: Sie wollen mit den Löwen am Dienstag gegen den Hamburger SV die Pokal-Sensation schaffen, die AZ berichtet ab 19 Uhr im Liveticker bei abendzeitung.de. Wie groß ist die Chance auf ein Weiterkommen?
Wenn wir zehnmal gegen den HSV spielen, würden wir wahrscheinlich neunmal verlieren – und einmal gewinnen. Und dieses eine Mal tritt hoffentlich am Dienstag ein. Es ist nur ein Spiel, und da ist alles möglich. Wir fahren nicht als Touristen nach Hamburg, um unsere Digitalkameras auszupacken und Fotos zu machen, wir wollen in Hamburg gewinnen. Je länger wir ein 0:0 halten, desto größer wird die Chance, das Spiel zu gewinnen.
Beim HSV, für den Sie von 2004 bis 2006 spielten, gelten Sie als gescheitert. Warum haben Sie den Durchbruch dort nicht geschafft?
Ich kam schon verletzt nach Hamburg, habe aber im ersten Jahr ab und zu getroffen. Das war hervorragend. Im zweiten Jahr sind wir Dritter geworden, haben den UI-Cup gewonnen, im Finale Valencia geschlagen und uns für die Champions League qualifiziert.
Aber mehr oder weniger ohne die erwünschten Lauth-Tore.
Ich habe nicht so getroffen, wie ich es mir vorgestellt habe und wie es die Fans erhofft hatten, das ist schade. Aber ich habe in der Saison fast alle Spiele gemacht, es war eine schöne Erfahrung zu sehen, wie der Verein nach oben geht. Ich habe da ein Beispiel: Wir haben im UI-Cup gegen Thun gespielt, da kamen 15000 Zuschauer. Als ich gegangen bin, ging's im UI-Cup gegen eine noch schlechtere Mannschaft, eine aus Moldawien. Es kamen 50000 Leute. Daran erkennt man, wie sich der Verein entwickelt hat – und ich kann sagen: Ich war dabei. Das ist schön.
Inzwischen sind Sie über Hamburg, Stuttgart und Hannover wieder bei 1860 gelandet. Würde es eine Wohlfühlskala von 1 bis 10 geben, welche Zahl würden Sie aktuell angeben?
Ich bin schon ziemlich weit oben. Allerdings, um zu sagen, dass es schon perfekt ist, fehlen mir noch ein paar Tore und dem Verein ein paar Punkte. Der Anfang ist getan. Wenn's weiter nach oben geht, dann kann ich mir keinen schöneren Platz als 1860 für Profi-Fußball vorstellen.
Das ist aber eine schöne Liebeserklärung.
Ich spüre die Wertschätzung, die ich bei den anderen Klubs nicht hatte, das ist sehr viel wert. Und dann bin ich natürlich noch in meiner Stadt, bei meiner Familie, bei meinen Freunden. Das ist zwar nicht entscheidend, aber es nimmt einen kleinen Einfluss auf den Beruf.
Kritiker sagen, Sie seien bequem und hätten dadurch eine mögliche größere Karriere versäumt.
Was soll ich darauf sagen? Es hätte auch anders laufen können, klar. Ich habe vieles liegen gelassen. Allerdings: Ich hätte ja auch in der Bundesliga bleiben können, aber was bringt es mir, dort um Platz 13 zu spielen. Ich will mit 1860 zurück in die Bundesliga. Das ist mein großer Antrieb.
Werden Sie noch mal den Verein wechseln?
Ich habe es nicht vor. Der Idealfall ist, bei 1860 den Rest meiner Karriere zu spielen und die Stadt München nicht mehr zu verlassen. Interview: Oliver Griss
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