Ismaik weg! 1860 zwischen gelösten Problemen, offenen Fragen und alten Risiken
Der große Knall ist passé, nun folgen die drängenden Fragen: Ist es wirklich die Emil Frey Holding AG, die Hasan Ismaik als Investor der Blauen ablösen wird? Hat Sechzig nach jahrelangem Investoren-Zoff endlich Ruhe – und eine rosige Zukunft?
Nach AZ-Informationen hat der TSV 1860 in den kommenden Tagen eine Pressekonferenz mit Geschäftsführer Christian Werner, Chef-Verhandler Karl-Christian Bay und einem neuen Gesellschaftervertreter geplant, um Licht ins Dunkel zu bringen. Name und Konditionen der Anteils-Übernahme sind nach wie vor unbestätigt. Dennoch dürstet wohl jeden Löwen-Fan nach Antworten. Die AZ zeigt, welcher Probleme sich die Blauen entledigt haben dürften – und welche Fragen vorerst offen bleiben.
1860 ist schuldenfrei: "Ein Tag des Aufbruchs"
Festzuhalten ist: Mit dem Abschied von Hasan Ismaik verlässt den TSV 1860 ein Investor, der in den vergangenen 14 Jahren zahlreiche Auseinandersetzungen mit diversen Vereinsvertretern unterschiedlicher Gremien ausgefochten hatte. Was die Ultras, weite Teile der weiß-blauen Fanlandschaft und nicht zuletzt einige Vereinsfunktionäre anbelangt, geht damit eine absolute Reizfigur von Bord. Und ein Finanzier, bei dessen Einstieg 1860 ein Zweitligist war, der damals stark unter den teuren Nutzungsbedingungen der Allianz Arena gelitten hatte.
Unter dem Strich steht aber auch, dass der Jordanier den TSV im Jahr 2011 vor der Insolvenz bewahrt hat, als keine anderen Geldgeber parat gestanden hatte. Fakt ist, dass das unberechenbare Wirken des Jordaniers, der entbrannte Streit um die 50-1-Regel, aber auch die gegenläufigen Interessen der Gesellschafter zu einem zermürbenden Konfrontationskurs geführt haben, den nicht nur Ismaik zu verantworten hatte. Der Hauptgesellschafter hat wohl über 80 Millionen in den TSV gesteckt.
Dass der Investoren-Deal beinhaltet, dass 1860 laut Pressemitteilung nun schuldenfrei sein soll, ist mehr als eine gute Nachricht für den TSV: Die Zeiten, in denen der inzwischen als Drittliga-Dino verschriene Klub sportlich wie finanziell herumwurstelte und strategische Planungen stets an Fortführungsprognosen, Ismaiks Darlehen und Finanztricks mit Genuss-Scheinen hingen, dürften der Vergangenheit angehören.
Selbst der scheidende Vizepräsident Bay, der Ismaik zuvor mit respektvollen Worten hinausgelobt hatte, kam am Sonntag im Zenith nicht umhin, frohlockend festzustellen: "Der 6. Juli 2025 wird in die Geschichte eingehen." Es sei "ein Tag des Aufbruchs", schließlich sei durch den Investorenwechsel "ein neuer TSV 1860 geboren" worden.
50+1 könnte (wieder) ein Problem werden
Der neugewählte Präsident Gernot Mang, der mit seinen Vizes am Montag einen Rundgang am Vereinsgelände machte, hatte ausgesprochen, was Musik in den Ohren der Hardliner im Verwaltungsrat und der aktiven Fanszene sein dürfte: "Das ist eine einmalige Chance für Sechzig für einen mutigen Neustart und einen echten Neuanfang." Mang ergänzte: "50+1 ist nicht verhandelbar."
Die 50+1-Regel, die den Vereinen die Entscheidungshoheit zusichert, könnte aber auch mit einem neuen Geldgeber zu Problemen führen: Schließlich dürfte auch eine Schweizer Familien-Holding wirtschaftlichen Interessen folgen und ihre Vorstellungen haben, wie diese best- und schnellstmöglich zu erreichen sind. Man darf gespannt sein, wie Sechzig in der neuen Gesellschafterkonstellation kleinere Meinungsverschiedenheiten bis hin zu gänzlich gegensätzlichen Interessen diskutieren und auflösen will.
Grünwalder mit 25.000 Plätzen – geht das wirklich?
Ebenso ungeklärt ist, inwieweit sich die leidige Stadionfrage durch die Absichtserklärung der neuen Finanziers, eine Sanierung der aktuellen Heimspielstätte in Angriff nehmen zu wollen, lösen lassen wird: „Es ist beabsichtigt, den zügigen Austausch mit der Stadt zu suchen, um das Stadion an der Grünwalder Straße nach den Vorgaben der DFL zu sanieren.“
Sollte sich das von Mang angesprochene, erwünschte Fassungsvermögen von 25.000 Zuschauern und eine Erstligatauglichkeit auf Giesings Höhen nicht realisieren lassen, schwebt einem solventen Investor wohl schneller ein Stadion-Neubau vor, als Grünwalder-Freunden lieb sein kann.

Die Kernfrage ist: Kann 1860 die Grünwalder-Pläne verwirklichen, wenn man in Verhandlungen mit OB Dieter Reiter mit einer Stimme spricht (was zumindest die Erfolgswahrscheinlichkeit einer Art von Ertüchtigung erhöht)? Kann eine Einigkeit, gepaart mit den nötigen finanziellen Mitteln und dem politischen Willen der Stadt bewirken, dass in der Vergangenheit getätigte Aussagen, Studien und behördliche Richtlinien nichtig werden? Schließlich galt die Zahl von 18.105 Zuschauern als Obergrenze, was die Stadionkapazität anbelangt.
Ob eine via AZ von Verena Dietl ins Spiel gebrachte Erbpacht, gar ein bisher kaum thematisierter Stadionkauf oder ein von Ismaik erwünschter, aber nie konkretisierter Neubau auf der grünen Wiese, der allerdings für die Grünwalder-Anhängerschaft ein rotes Tuch wäre – für 1860 wäre jegliche Veränderung der Eigentumsverhältnisse einer Spielstätte besser als das Dasein als Mieter eines maroden Grünwalders.
Der sportliche Aufstieg ist durch das Aufrüsten am Transfermarkt wahrscheinlicher geworden, der TSV geht als Aufstiegsaspirant ins Rennen. Was den neuen Hauptgesellschafter angeht, reichen die Emotionen im Löwen-Kosmos von grenzenloser Euphorie über nagende Ungewissheit bis zu einer Erkenntnis, die im Trainingslager in Ulrichsberg unter den Fans die Runde machte: „Schlechter als mit dem ganzen Krampf zwischen Ismaik und dem e.V. kann’s ja nicht werden!“