„Ich habe schon ans Karriereende gedacht“
Ex-Löwe Rösler, mit dem kommenden Gegner Düsseldorf (Montag) auf Kurs, empfiehlt seinem Kumpel Benny Lauth zu bleiben – und erklärt, warum er 1860 verklagt
AZ: Hallo Herr Rösler, am Montag (20.15 Uhr, Sport1/sky live) sind Sie mit Düsseldorf bei Ihrem Ex-Verein TSV 1860 zu Gast. Für Sie läuft es ja prima im Moment, mit der Fortuna mischen Sie die Liga ganz schön auf. Was läuft dort besser als bei 1860?
SASCHA RÖSLER: Für mich war von Anfang an viel Glück dabei. Ich wollte ja nach meiner Zeit bei 1860 wieder in den Westen und habe mich dann erst mal bei Willem II Tillburg in Holland fit gehalten, weil ich keinen Verein fand. Düsseldorf hat dann die ersten sechs Spiele verloren und brauchte Hilfe. Seitdem ich da bin, läuft es wirklich gut. Vielleicht hatte dort vorher einer gefehlt, der die entscheidende Aggressivität auf dem Platz mitbringt, auch wenn die Mannschaft natürlich auch so schon gut war.
War die Fortuna ohne Sie zu brav?
Brav ist das falsche Wort. Ich bin ja von Haus aus nicht so der Liebling bei den Gegenspielern. Es gibt nicht viele, die in den Phasen, in denen es auf dem Platz eng wird, der eigenen Mannschaft einen entscheidenden Schub geben können. So was habe ich mir über die Jahre erarbeitet, und das konnte ich auch in Düsseldorf einbringen. Ich bin hier einer der Leistungsträger, einer derjenigen, die vorangehen.
Vorher waren Sie ein paar Monate arbeitslos, wie war das für Sie?
Nicht leicht. In meinem Alter, da fragt man sich, ob es überhaupt noch weitergeht. Auch, weil der Trend so sehr zur Jugend geht. Wenn man auf die 34 zugeht, ist es nicht mehr einfach. Als eine tote Phase ohne Angebote kam, habe ich schon ans Karriereende gedacht. Im Endeffekt hatte ich großes Glück und bin sehr zufrieden.
Sind Sie froh, nicht mehr bei 1860 zu sein, da die Löwen mit so vielen Rückschlägen leben müssen?
Ich hege überhaupt keine negativen Gefühle und will auch am Montag keinem bei 1860 eins auswischen. Ich habe ja noch ein paar gute Freunde in der Mannschaft, Benny Lauth, Stefan Aigner und Alex Ludwig. Der Verein wollte damals ja auch verlängern, aber mit Ewald Lienen hatte ich nun mal nicht das beste Verhältnis, rein sportlich, nicht menschlich. Also hatte ich mich dagegen entschieden. Leider muss der Verein seit Jahren mit Geldsorgen leben. Diese Saison ist allein in der Hinrunde so viel passiert, dass es nicht leicht für die Mannschaft war. Dafür steht sie sogar noch gut da. Für einen Berufsfußballer ist es nicht ohne, mal eben auf Geld zu verzichten. Aber es würde keinen Sinn ergeben, nein zu sagen, dann entsteht die Gefahr, dass der Verein eines Tages ganz vor dem Aus steht. Es macht es nicht leichter, wenn man damit rechnen muss, dass irgendwann mal Schluss ist.
Ihr Kumpel Benny Lauth zögert, weil ihm 1860 ein niedriges Angebot gemacht hat. Verständlich für Sie?
Ja, schon. Aber es wäre schade, wenn er dort keine Zukunft hätte. Benny passt super nach München, er fühlt sich sauwohl. Er war ja schon mal weg und das hat nicht so geklappt. Ich würde mir wünschen, dass er eine Lösung findet, mit der er in München bleiben kann. Es gibt keinen, der besser dorthin passt.
Sie waren zwei Mal bei 1860, wieso hat es nie so richtig geklappt?
Beim ersten Mal habe ich zu schnell aufgegeben. Da war der Konkurrenzkampf unter Werner Lorant riesig groß. Da wollte ich als junger Spieler unbedingt spielen und hatte keine Geduld. Rückblickend ist das ein schwarzer Fleck in meiner Karriere, den ich später ausmerzen wollte. Leider war dann das erste halbe Jahr nach meiner Rückkehr auch nicht so toll. Ich kam ja aus Gladbach, wo ich in kürzester Zeit nicht mehr Kapitän, sondern der Volldepp war. Da hatte ich teilweise gedacht, alles hinzuschmeißen. Daher konnte ich die Erwartungen in München erstmal nicht erfüllen. Letztlich ist Fußball eine reine Kopfsache, auf unserem Niveau werden so 80 bis 90 Prozent entschieden. Fußballspielen und rennen können wir alle. Das heißt, die Psyche regelt den Rest. Und wenn man erstmal das Gefühl hat, dass alles, was man macht, falsch ist, dann kommt man aus so einem Tief nicht so schnell wieder raus.
Können Sie Ihrer Zeit bei 1860 trotzdem etwas Positives abgewinnen?
Ja, sehr sogar. Letztlich kam ich ja aus dem Loch wieder raus, und muss sagen, dass es individuell ein größerer Erfolg war, mich in München nach oben gekämpft zu haben, als zum Beispiel mit Gladbach durch die Saison marschiert und aufgestiegen zu sein. Natürlich merken die Leute so etwas nicht, aber mir hat die Phase sehr geholfen, deswegen blicke ich gerne auf die Zeit bei 1860 zurück.
Nachdem Sie gegangen sind, haben Sie gegen die Löwen geklagt. Was war passiert?
Ich bin vom Abschlussessen ein bisschen früher gegangen, weil ich nachmittags meine praktische Motorradprüfung hatte. Erst zwei Monate später, als ich die Gehaltsabrechnung sah, erfuhr ich von der Strafe. Im Endeffekt ist das nicht schön für mich, weil ich überhaupt keinen Groll gegen 1860 hege, aber 9000 Euro Strafe, weil ich ein paar Minuten früher vom Essen gegangen bin, konnte ich nicht akzeptieren. Mir ging es ums Prinzip, weil ich mir nie was zu Schulden habe kommen lassen. Ich habe nie meine Schuhe vergessen oder sonst was. Im Mai kommt die Verhandlung, ich bin optimistisch, Recht zu bekommen. Das Enttäuschende war, dass man mich nicht mal angerufen hat. Aber die Leute, die damals bei 1860 waren, Manfred Stoffers (der Ex-Geschäftsführer, d. Red.) und Ewald Lienen, sind ja gar nicht mehr da.
Interview:Marco Plein