„Ich bete, dass meine Familie überlebt“

Der 1860-Verteidiger Mate Ghvinianidze spricht über den Krieg in der Heimat, Gebete am Odeonsplatz und sein Comeback bei den Löwen.
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„Gott hat mir geholfen, dass ich wieder gesund wurde“: Löwen-Verteidiger Mate Ghvinianidze (21).
Rauchensteiner/Augenklick „Gott hat mir geholfen, dass ich wieder gesund wurde“: Löwen-Verteidiger Mate Ghvinianidze (21).

Der 1860-Verteidiger Mate Ghvinianidze spricht über den Krieg in der Heimat, Gebete am Odeonsplatz und sein Comeback bei den Löwen.

AZ: Die wichtigste Frage zuerst, Herr Ghvinianidze: Wie geht es Ihren Eltern im Krisengebiet Georgien?

MATE GHVINIANIDZE (21): Ich habe immer noch Angst um meine Eltern. Sie sind am Wochenende von unserem Ferienhaus in Wani nach Tiflis zurückgekehrt, das war nicht schlau von ihnen. Jetzt kommen meine Eltern nicht mehr raus aus der Stadt. Sie wohnen im Zentrum der Stadt. Es gibt eine Ausgangssperre, es heißt, die Russen kesseln gerade unsere Stadt ein. Das ist alles so traurig.

Was können Sie tun?

Leider nichts, ich habe mich schon beim Konsulat informiert. Ich würde meine Familie jetzt gerne in München haben, bei mir wären sie in Sicherheit. Aber es gibt weder Flüge nach Tiflis noch weg davon. Das ist schon sehr bedrückend, wenn man tatenlos zuschauen muss, was in meiner Heimat passiert. Die Toten werden von der Straße geschleppt, Häuser werden zerbombt.

Haben Sie noch Kontakt in die Heimat?

Ja, die Telefonleitung steht noch zu meinen Eltern. Aber die Frage ist: Wie lange noch? Ich hoffe nur eines: auf Frieden. Dieser ganze Krieg, das macht mich so traurig. Tiflis ist eine tolle, florierende Stadt. Das ist schon alles eine Belastung für mich. Ich könnte wesentlich ruhiger schlafen, wenn ich wüsste, dass meine Familie und meine vielen Freunde in Georgien in Sicherheit wären.

Der Krieg am Kaukasus schiebt Ihr Pflichtspiel-Comeback nach neunmonatiger Verletzungspause – beim 2:0-Sieg im Pokal gegen den Fünftligisten Neustrelitz – für Sie wohl eher in den Hintergrund: Können Sie sich trotzdem ein bisschen freuen?

Leider nur bedingt, ich weiß, dass ich noch mehr kann und noch hart an mir arbeiten muss. Vor allem die Kondition und das Spielverständnis muss noch besser werden. Aber wieder dabei zu sein, ist bedeutend schöner, als die Spiele nur von der Tribüne zu beobachten und an seinem Sitz gefesselt zu sein.

Wer hat Ihnen in Ihrer Verletzungszeit am meisten geholfen?

Gott! Ich war oft in der Kirche, in der griechisch-orthodoxen am Odeonsplatz. Ich hatte schreckliche Angst, dass ich vielleicht nicht mehr auf den Fußballplatz zurückkehren kann. Die Pause wurde immer länger und länger. Aber Gott hat mir geholfen, dass ich wieder gesund werde. Ich danke ihm, und ich werde jetzt auch wieder beten, dass meine Familie den Krieg überlebt und der Krieg schnell zu Ende geht.

Am 20. August soll die Nationalmannschaft von Georgien zu einem Freundschaftsspiel in Wales antreten. Sind Sie dabei?

Ich habe eine Einladung, ja. Und ich würde auch gerne hinfliegen, aber ich denke, dass es wegen des Krieges vielleicht abgesagt wird.

Trauen Sie sich die Nationalmannschaft nach Ihrer langen Pause denn überhaupt schon wieder zu?

Natürlich, aber erst wenn ich bei 1860 wieder meine vollen Leistungen abrufen kann, will ich auch für mein Land auflaufen.

Interview: Oliver Griss

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