Hier feiern die Löwen - Zum letzten Mal?
Vor dem 5:1 gegen den KSC richten die 1860-Bosse einen dramatischen Hilferuf an die Öffentlichkeit: Innerhalb der nächsten 12 Tage braucht Sechzig acht Millionen Euro – sonst könnte der Spielbetrieb der Profis schon am 1. April eingestellt werden. „Fast schon ein Schnäppchen für einen Investor“
München - Natürlich fehlte auch der Sechzgermarsch nicht. Jene Hymne aus alten Zeiten, als die Löwen noch eine große Nummer waren und Petar Radenkovic, Fredi Heiß, Manni Wagner und Co. mit die bundesweiten Sport-Schlagzeilen beherrschten. „Sechzig ist der geilste Klub der Welt“, sangen die Fans in der Nordkurve auch an diesem denkwürdigen Freitagabend in der Allianz Arena. 5:1 besiegten die Löwen den KSC. Bundesweite Aufmerksamkeit erregen wird diese beste Saisonleistung der Löwen aber wohl nicht.
Für Schlagzeilen taugt das sportliche Geschehen der Löwen schon seit Jahren nicht mehr. Und so wird auch von diesem 18. März eine andere Nachricht hängen bleiben. Sie lautet: Acht Millionen in zwölf Tagen – sonst war’s das für 1860.
Diese Summe müssen 1860-Geschäftsführer Robert Schäfer und Präsident Dieter Schneider bis zum 31. März auftreiben, um die Löwen am Leben zu halten. Gelingt das nicht, könnten Fans und Profis des TSV 1860 am Freitag zum letzten Mal gejubelt haben. „Stand heute kann ich nicht garantieren, dass die Mannschaft nach dem ersten April noch weiterspielt", sagte Schäfer vor dem Spiel.
Das drohende Aus – der Abpfiff noch vor dem nächsten Anpfiff. Das nächste Zweitligaspiel der Löwen findet am 3. April statt, 1860 ist zu Gast in Aachen. Schaffen Schäfer und Schneider es nicht, die Liquiditätslücke zu schließen, könnten schon drei Tage vorher die Lichter ausgehen. Profifußball beim TSV 1860 könnte dann für eine lange Zeit vorbei sein.
Mit einem dramatischen Hilferuf hatten Schäfer und Schneider in einer Pressekonferenz vor dem Spiel das Ausmaß der finanziellen Misere der Löwen offengelegt. Den Verein plagen rund elf Millionen Euro Schulden. Die grausame Bilanz im Überblick: Die Finanzierungslücke von zwölf Millionen Euro für die aktuelle Saison, die Schäfer bei seinem Amtsantritt im November vorgefunden hatte, konnte zwar durch Einsparungen (2,2 Millionen Euro), der Verkleinerung des Kaders, den Abschluss günstigerer Verträge, dem zehnprozentigen Gehaltsverzicht aller Mitarbeiter und Spieler und der Verkleinerung der Geschäftsstelle um sieben Mitarbeiter auf drei Millionen Euro gesenkt werden.
Doch noch immer ist der Spielbetrieb für den Rest der Saison nicht gesichert. Für den Rest der Saison besteht ein offener Finanzbedarf von 3,5 Millionen Euro. Für die kommende Spielzeit sind, auch weil Schäfer einige Verbindlichkeiten in die nächste Saison geschoben hat, weitere 4,5 Millionen Euro fällig. Die DFL verlangt mindestens für ersteres den Nachweis bis zum 1. April. Schäfer will aber schon bis zu diesem Zeitpunkt die Gesamtsumme von acht Millionen Euro vorlegen – und deutet das Ende an, falls das nicht klappt.
Stand jetzt sei zwar die Finanzierung der März-Gehälter gesichert. Vor einer möglichen Insolvenz schützt dies allein aber nicht. Und so werden die nächsten zwölf Tage die wohl entscheidendsten in der Geschichte des gebeutelten Klubs.
Schäfer und Schneider suchen händeringend nach Banken, Gönnern, Investoren, die das kurzfristige Überleben sichern. Auch ein schneller Anteilsverkauf ist möglich. „Für einen Investor wäre es fast ein Schnäppchen, einen Traditionsverein mit einer solchen Infrastruktur für einen derartig niedrigen Betrag zu bekommen", so Schäfer.
Doch Sechzig wäre nicht Sechzig, wenn die handelnden Personen auch an diesem Tag nicht für Verwirrung gesorgt hätten. Während Schneider in der Halbzeit bei „Sky“ verkündete, dass es „eine Deadline 1. April“ gar nicht gebe, meinte Schäfer im Vip–Bereich zur AZ: „Wenn wir es bis zum 1. April nicht hinkriegen, dann macht es für mich keinen Sinn mehr. Dann würde ich mich nicht davor scheuen, die Verantwortung zu übernehmen." Und zum Insolvenzgericht zu gehen. Einigkeit herrschte bei den Machern aber über das grundsätzliche Problem. „Wenn wir es jetzt nicht hinkriegen, haben wir ein Problem", sagte Schäfer.
Und Schneider schloss mit einem dramatischen Appell: „Wir haben ein Konzept, uns fehlt aber noch der ein- oder andere Partner, um dieses Konzept umzusetzen. Diese Stadt müsste einen Verein wie den TSV 1860 vertragen können. Ich appelliere darum: Sollte es noch Partner geben, die jetzt erst erfahren, wie es um uns steht, und uns helfen wollen, dann kommen Sie zu uns!" Es klang wie ein letzter Hilfeschrei.