Explosion, dann Liebeserklärung an 1860: "Für solche Momente habe ich angefangen, Fußball zu spielen"

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Patrick Hobsch legte zunächst den rechten Zeigefinger auf den Mund, es sah so aus, als wollte er irgendwelche Zweifler und Skeptiker verstummen lassen. Dann formte der umjubelte Super-Joker umringt von seinen vor Freude ausrastenden Mitspielern vor der Westkurve aber ein Herz und ließ kurz darauf eine Liebeserklärung an den TSV 1860 folgen.
"Ich fühle mich unfassbar wohl, das kann ich nur immer wieder sagen. Ich habe auch so viel Unterstützung durch die Fans und so viel Zuspruch", schwärmte der Torschütze zum 3:2, wirkte dabei ergriffen und nahm seine Mutter in die eigene Glückseligkeit gleich noch mit auf: "Meine Mama war seit Ewigkeiten mal wieder im Stadion, sie hat es ganz spontan geschafft. Das war für mich was Besonderes. Man hätte die Geschichte für mich nicht besser schreiben können."
Hobsch: "Ein extrem befreiendes Gefühl"
Jene Geschichte, jenes emotionale Rührstück ging so: Hobsch saß erneut zu Spielbeginn auf der Bank, zum fünften Mal am fünften Spieltag. Zum fünften Mal kam der 30-Jährige dann als Joker zum Einsatz. Nach neun Minuten, dann acht, dann 16, dann 20, waren es diesmal elf Einsatzminuten – jedenfalls wenn man die 90 Minuten ohne Nachspielzeit als Grundlage heranzieht. Und zum zweiten Mal gelang dem besten Löwen-Torschützen der vergangenen Saison (elf) ein ganz wichtiger Treffer, nach seinem 1:0 bei Alemannia Aachen am dritten Spieltag.
"Das war ein extrem befreiendes Gefühl, das bekommt man einfach Gänsehaut. Für solche Momente habe ich angefangen, Fußball zu spielen. Das ist einfach ein Traum", sagte Hobsch noch mitten im Endorphinrausch und mit den nicht enden wollenden Fangesängen im Hintergrund. Hobsch, der Torgarant und Euphoriebeschleuniger. Wie kann denn so einer auf der Bank sitzen?
"Ich versuche, meine Rolle anzunehmen, wie sie ist"
Das mag sich Hobsch von Zeit zu Zeit auch selbst fragen, womöglich wäre er in jeder anderen Drittliga-Mannschaft gesetzt. Aber diese Frage schiebt der gebürtige Bremer schnell beiseite, dafür war der Saisonstart der Löwen zu gut, dafür ist offenkundig auch der Zusammenhalt in der Mannschaft zu gut. "Ich versuche, meine Rolle anzunehmen, wie sie ist", sagte Hobsch.
War dieses Tor mit eruptiver Wirkung für das altehrwürdige Grünwalder Stadion nun eine Stammplatzbewerbung oder vielmehr eine Bestätigung seiner Joker-Eignung? "Die Entscheidung liegt dann immer beim Trainer, die gilt es immer zu akzeptieren, ob man damit zufrieden ist oder nicht, ob man dafür Verständnis hat oder nicht. Ich kann nur Woche für Woche mein Bestes geben, wenn ich Einsatzzeiten bekomme." Und mit zwei Toren und einer Vorlage ist ihm das bisher annähernd optimal gelungen.
Aber Hobsch, ganz der Teamplayer, nutzte die Minuten im Rampenlicht nicht nur für beste Eigenwerbung, sondern auch für die Bemerkung, dass das harte Los der Reservebank ja nicht nur ihn beträfe, ihn, der Florian Niederlechner und Sigurd Haugen vor sich hat: "Das ist einfach eine Situation, die wir haben aufgrund unserer Konkurrenz, aufgrund unserer Qualität im Kader. Natürlich will jeder von Anfang an spielen, aber da bin ich nicht der Einzige."
Blaue Erfolgsfaktoren: Qualität und Konkurrenz, Tiefe und Breite
Es kristallisiert sich zugleich auch heraus, dass diese Qualität und Konkurrenz, die Tiefe und Breite im Kader wesentliche Erfolgsfaktoren sind und bleiben können. Das legte auch der Trainer der unterlegenen Niedersachsen nahe. "Wir haben gegen eine Mannschaft gespielt, die unfassbare Qualität hat, unfassbare Qualität ins Spiel bringen kann", sagte Samir Ferchichi. Sechzigs belgischer Abwehrturm Siemen Voet verdeutlichte: "Die Spieler von der Bank sind wichtig, sie müssen unserer Mannschaft etwas geben – und Hobschi macht das fantastisch."
Und wie ordnet das der Hochgelobte selbst ein? "Das war vom Herrn Christian Werner die Idee dahinter, dass man in der Breite so gut aufgestellt ist, um in dieser Liga, die verdammt schwer ist, auch Spiele hinten raus gewinnen zu können. Wir hoffen natürlich auch, dass wir es nicht immer so unnötig spannend machen müssen."
Gegen ähnliche Glücksgefühle hätte er allerdings nichts.
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