"Ein Verein, den man lieben muss": Wie Kauczinski den TSV 1860 wieder flott bekommen will

Sichtlich erholt und mit frischem Elan nimmt Markus Kauczinski seine Arbeit als Trainer des TSV 1860 auf: "Es startet etwas Neues und ich will schauen, was das Beste für diese Mannschaft ist."
von  Ruben Stark
Markus Kauczinski, der neue Cheftrainer des TSV 1860, steigt gemeinsam mit Interimsgeschäftsführer Manfred Paula die Treppen zum Medienstüberl empor. Auch die Löwen soll er wieder in höhere Gefilde führen.
Markus Kauczinski, der neue Cheftrainer des TSV 1860, steigt gemeinsam mit Interimsgeschäftsführer Manfred Paula die Treppen zum Medienstüberl empor. Auch die Löwen soll er wieder in höhere Gefilde führen. © sampics

Dass Markus Kauczinski der Mannschaft quasi als Antrittsgeschenk trotz der heiklen sportlichen Lage das Wochenende freigegeben hat, hat nichts mit all den Nachrichten zu tun, die ihm als Glückwunsch zu seinem Engagement beim TSV 1860 geschickt wurden. Der neue Löwen-Dompteur hat schlicht zugestimmt, den ursprünglichen Plan des Klubs so zu belassen, wie er war. "Wir haben eine lange Woche, in der wir dann genug Zeit haben", sagte Kauczinski bei seiner Vorstellung am Freitag. Seine Premiere im Grünwalder Stadion gegen den MSV Duisburg, sie steigt ja erst am übernächsten Sonntag.

Also könnte er sich tatsächlich daran machen, all seinen Gratulanten zu antworten. Und unter den "glaube ich 250 WhatsApp-Nachrichten", so berichtete der 55-Jährige, sei keine gewesen, in der sinngemäß gefragt wurde, ob Kauczinski sich diesen Schritt wirklich gut überlegt habe, ob er den Wahnsinn, der den TSV traditionell begleitet, wirklich live erleben möchte. Sechzig und seine jüngere Vergangenheit, das birgt ja schon ein gewisses Abschreckungspotenzial. Aber nicht für der gebürtigen Gelsenkirchener. "Ich finde, das ist ein Verein, den man lieben muss."

"Es startet etwas Neues": Kauczinski setzt auf Pragmatismus

Allein die Liebe wird aber nicht reichen, um die Sechzger wieder in die Spur und damit in andere Tabellengefilde zu bringen. Das weiß Kauczinski natürlich auch, schließlich ist er ein gestandener Coach mit Erfahrung von der Bundesliga bis in die Dritte Liga, mit Erfahrung in allen möglichen Situationen, auch mit Erfahrung im Aufstiegsrennen – das jedoch ist kurzfristig erst mal kein Thema an der Grünwalder Straße 114. "Es startet etwas Neues und ich will schauen, was das Beste für diese Mannschaft ist", umschrieb er sein Vorgehen der ersten Tage.

Diese Gedanken, eher nicht die Antworten auf Nachrichten, werden wohl einen Großteil seines Wochenendes füllen, schließlich wartet ein Berg an Arbeit nach fünf sieglosen Spielen und dem Abrutschen auf Rang 13. Am Montag wird Kauczinski das erste Training leiten und bis zum Heimspiel gegen den ungeschlagenen Tabellenführer aus Löwen-Sicht hoffentlich schon etwas bewirken. Auf mannschaftliche Geschlossenheit setzt Kauczinski dabei, pragmatisch will er sein, schnell eine gewinnbringende Spielweise etablieren. Das sind in Teilen auch die Argumente gewesen, mit denen er die Löwen-Führung überzeugte.

Auf dem Weg zur Presserunde wird Markus Kauczinski (Mitte) von Allesfahrer und Edelfan Roman Wöll (l.) begrüßt.
Auf dem Weg zur Presserunde wird Markus Kauczinski (Mitte) von Allesfahrer und Edelfan Roman Wöll (l.) begrüßt. © IMAGO/Ulrich Wagner

Kontakt, so berichteten es er und Interimsgeschäftsführer Manfred Paula, habe es schon eine Weile gegeben, ernst aber wurde es im Laufe dieser Woche. "Wir hatten das Gefühl, das kann erfolgreich werden und wir haben das Gefühl, das mehr in der Mannschaft steckt", sagte Kauczinski über die Unterhaltungen. Paula verdeutlichte, dass der Nachfolger von Patrick Glöckner die gesuchten Kriterien erfüllt habe. Kauczinski könne mit medialem Druck umgehen, er bringe das fachliche Rüstzeug mit und er sei auch einer, der jungen Spielern eine Chance einräume, so sie sich diese denn verdienen.

Volle Batterien: "Ich habe alte Gewohnheiten über Bord geworfen"

Bei seiner letzten Anstellung in Wiesbaden hatte Kauczinski eine Aufstiegself geformt, war dann aber in der Zweiten Liga in Abstiegsgefahr entlassen worden. Die Zeit seither hat der Coach auch für sich und sein Wohlbefinden genutzt. Kauczinski wirkt aufgeräumt, ausgeruht und voller Tatendrang – und er hat deutlich sichtbar abgenommen. "Ich habe alte Gewohnheiten über Bord geworfen", erzählte er. Sport, eine Ernährungsumstellung und die für einen Trainer kostbare Zeit mit der Familie hätten dies ermöglicht.

Hat Kauczinski die nötige "Fantasie"?

Dem ersten Eindruck nach hat Sechzig einen Mann verpflichtet, der der Richtige für die aktuelle Situation sein könnte. Und der "die Fantasie" (Kauczinski) mit nach Giesing bringt, aus diesem als aufstiegstauglich beurteilten Kader um Kevin Volland oder Florian Niederlechner mehr herauszuholen als der aktuelle Eindruck hergibt. Paula findet: "Wir wollen mit dieser Initialzündung auch den Blick auf die ursprünglichen Ziele richten."

Allerdings meint er damit Schritt zwei, denn zunächst müsse der Blick "nach unten gehen" und der freie Fall kurz vor der Abstiegszone gestoppt werden.

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