Ein Anführer, ein Senkrechtstarter: Die Zeugnisse für die Verteidigung des TSV 1860

Sie sollen abräumen, dichthalten, Löcher stopfen und den Grundstein zum Erfolg legen. Im Optimalfall wird sie richtig zusammengestellt, dirigiert und in die bestmögliche taktische Grundordnung gebracht. Und, um mit einer Floskel zu enden: Sie gewinnt keine Spiele, sondern Meisterschaften.
Die Rede ist grundsätzlich von der Abwehr einer professionellen Fußball-Mannschaft, im Speziellen von den Hinterleuten des Drittligisten TSV 1860, der die abgelaufene Spielzeit 2024/25 auf Tabellenplatz elf abgeschlossen hat. Dabei kassierten die Löwen um Kapitän Jesper Verlaat satte 61 Gegentore, was einer Quote von 1,6 Gegentreffern pro Spiel entspricht. Nur fünf Teams waren schlechter.
Teil zwei der AZ-Saisonzeugnisse für die „Einundsechzger“ der Sechzger, die Defensiv-Spezialisten.
Reich und Danhof im Wechsel
Lukas Reich – Note 3: Der junge Rechtsverteidiger konnte vor allem zu Saisonbeginn für Furore sorgen, wobei er vom verletzungsbedingten Ausfall von Neulöwe Tim Danhof profitiert hatte. Der Junglöwe bestach durch eine gute Mischung aus Bissigkeit, Unbekümmertheit und Zweikampfstärke. Reich leistete sich aber auch einige Wackler und ließ sich im Saisonverlauf von Danhof den Rang ablaufen. Trainer Patrick Glöckner setzte ihn daher auch teils im rechten Mittelfeld ein, wo ihm beim 2:1-Derbysieg gegen die SpVgg Unterhaching sein Premierentreffer gelang. Ordentliche erste und letzte Saison, weil er kurz vor einem Wechsel zu Zweitligist Greuther Fürth steht.
Tim Danhof – Note 3: Der Neuzugang von Erzgebirge Aue musste anfangs zuschauen, nach seiner Verletzung kämpfte er sich aber rein. Im Vergleich zu Reich zeigte er sich routinierter und spielstärker, allerdings auch ab und zu anfällig bei schnellen Gegenspielern.
Verlaat als Fels in der Brandung – Schifferl quasi nochmal Neuzugang
Jesper Verlaat – Note 2: Der Kapitän lieferte wieder einmal. Mit seinem Mix aus Zweikampf- und Kopfballstärke, seiner Präsenz und seiner Mentalität ist der Niederländer zurecht Abwehrchef und Anführer. Er erwies sich in 30 Einsätzen einmal mehr als stabilster 1860-Verteidiger, der nur nach seiner Verletzung etwas Zeit brauchte, um wieder der Alte zu sein. Kein harter Hund, aber echter Alpha-Löwe.
Raphael Schifferl – Note 4: Der Neuzugang aus Haching erlebte eine wechselhafte Spielzeit: In 16 Spielen konnte er sein Potenzial teils abrufen, ihm unterliefen aber auch einige Patzer und er handelte sich einen unglücklichen Platzverweis ein. Der Österreicher war länger verletzt, daher fast als Neuzugang für 2025/26 einzustufen.
Reinthaler nur Back-Up, Dulic der Senkrechtstarter
Max Reinthaler – Note 4: Der Abwehr-Hüne kam 19 Mal zum Einsatz, musste sich allerdings die gesamte Saison zumeist hinter Verlaat anstellen. Top-Charakter, zweikampf- und kopfballstark, aber seine Geschwindigkeits-Defizite zeigten sich immer wieder.
Sean Dulic – Note 2: Sechzigs Senkrechtstarter. Profitierte davon, dass sich Schifferl verletzte und Boss Verlaat eher einen schnellen Nebenmann erfordert. Klammert man seine Startelf-Premiere gegen Verl (0:4) einmal aus, zeigte er sich bissig, flink und zuverlässig. Will den „nächsten wichtigen Schritt in meiner Karriere“ durch seine Vertragsverlängerung bei 1860 machen.
Kwadwo-Absturz und Licoqui-Hoffnung
Leroy Kwadwo – Note 5: 2023/24 lieferte der Linksverteidiger eine starke Saison, die Spielzeit danach dürfte er schnell verdrängen wollen. Zwischenzeitlich gingen mehrere Böcke auf seine Kappe, bevor er seinen Stammplatz verlor und keinen neuen Vertrag mehr an der Grünwalder Straße erhielt.
Anderson Lucoqui – Note 3: Der Winter-Neulöwe entpuppte sich als Gewinn – nicht nur für Fans seiner Rap-Musik, sondern auch durch seine Nehmer-Qualitäten auf dem Rasen. Trotz Knorpelschadens stellte er regelmäßig unter Beweis, wieso er schon in der Bundesliga gespielt hat. Mit ihm agierte Sechzigs Defensive sichtlich stabiler. Hatte auch ein paar Wackler drin und verpasste das Saisonende verletzungsbedingt. Zukunft ungewiss, wobei 1860 ihn gerne halten und der Spieler gerne bleiben würde. Es dürfte also ein Wiedersehen geben.