"Die Löwen sind mir ans Herz gewachsen"

Nicolai Schwarzer hat am Samstag als letzter Gläubiger auf einen Teil seiner Forderungen verzichtet. Hier zieht der Immobilienunternehmer Bilanz. Für Präsident Dieter Schneider fällt sie nicht gut aus
AZ: Herr Schwarzer, am Samstag haben Sie als letzter Gläubiger dem Forderungsverzicht zugestimmt. Viel gebracht hat Ihnen Ihr Pokern aber nicht: Die Löwen haben auch Ihnen keine Zugeständnisse gemacht, Sie verlieren rund 500.000 Euro.
NICOLAI SCHWARZER: Ohne Zahlen kommentieren zu wollen, habe ich nicht mit 1860 gepokert. Ich habe schlicht lange nicht an die Tragfähigkeit des Finanzierungskonzepts geglaubt und habe nicht das Gefühll gehabt, dass die Verantwortlichen bei 1860 immer wussten, worüber sie eigentlich reden.
Wie meinen Sie das?
Schon vor einigen Wochen stimmte das, was der Verein öffentlich über die witschaftliche Situation und über die Planung für die nächste Saison berichtete, nicht ganz mit meinem Eindruck überein, den ich mir auf der Basis des Zahlenwerks machen konnte. Oder ganz einfach gesagt: ich hatte ein ziemlich flaues Gefühl im Magen. Das offensichtlich durch Planungsfehler bedingte Finanzierungsloch, das sich dann vor wenigen Tagn plötzlich auftat, hat mein ungutes Gefühl bestätigt.
Präsident Dieter Schneider soll dies erst vor zehn Tagen aufgefallen sein. Ist das möglich?
Ich begleite den Verein ja schon etwas länger als Schneider. Vielleicht stecke ich teilweise noch tiefer in der Materie als er...
Wieso haben Sie jetzt doch zugestimmt?
Ismaik (der neue Investor, d. Red) soll ja die Finanzierungslücke übernommen haben. Und Schneider hat mir persönlich versichert, dass das Finanzierungskonzept tragfähig ist. Ich kann nur hoffen, dass das stimmt. Außerdem habe ich von Anfang an gesagt, dass ich nicht der Totengräber von 1860 sein werde. Ganz viele Menschen verstehen den TSV 1860 als ihren bestimmenden Lebensinhalt. Diese Fans haben es verdient, dass ihr Klub weiter existiert. Die Löwen sind mir ans Herz gewachsen.
Herr Schwarzer, mit Verlaub: Sie sind Geschäftsmann, Sie wollten mit 1860 doch Geld verdienen!
Ich kann da keinen Widerspruch erkennen. Meinen Sie, dass Hasan Ismaik ein reiner Wohltäter ist? Er bekommt bei 1860 so viel Einfluss wie kein Investor in Deutschland vor ihm. Und jedenfalls viel mehr, als ich jemals haben wollte.
Im Januar 2009 wollten Sie für rund fünf Millionen Euro schrittweise rund 25 Prozent der Stimmenanteile erwerben. Ismaik bekommt für 18 Millionen die Hälfte und macht den Klub schuldenfrei.
Das ist richtig. Damals ging es den Löwen aber noch nicht so schlecht wie heute. Außerdem hätte ich nur Anteile übernommen, wenn die Löwen mir die Darlehen nicht hätten zurückzahlen können. Wahrscheinlich war 1860 damals aber noch nicht bereit für einen Investor.
Und jetzt?
Jetzt hat wohl auch der letzte Funktionär verstanden, dass die Zeit der Intrigen vorbei ist. Ich habe mein Investment damals ja nicht zurückgezogen wegen der Bedenken der DFL, sondern weil die Unterstützung gefehlt hat. Die Bedenken gab es jetzt auch und man hat eine Lösung gefunden. Ein bisschen von der Unterstützung, die Ismaik jetzt bekommt, hätte ich mir auch gewünscht. Trotzdem kann ich behaupten, dem Klub durch meine Darlehen drei Mal das Überleben gesichert zu haben – aller Widrigkeiten zum Trotz.
Wovon sprechen Sie?
Die Löwen haben tolle Fans, die den Klub bedingungslos lieben. Diese Liebe kann aber auch umschlagen. Ich habe zuletzt, neben sehr vielen positiven Zuschriften, auch drohende Briefe bekommen. Ich kann solche Gefühle bis zu einem gewissen Teil verstehen, hätte mir aber etwas mehr Unterstützung von Schneider gewünscht.