Die Bergtour der Alm-Löwen
Der Ausflug der Sechzger in die Salzburger Alpen dient vor allem der Integration der neuen Spieler. „Solche Nachmittage fördern das Miteinander.“ Stevic sieht Torben Hoffmann in der Kohler-Rolle.
ALPENDORF Ewald Lienen zückte sein Handy in St. Johann, hoch oben auf der Buchauhütte auf 1750 Metern Höhe, und machte beeindruckt ein paar Fotos: „Die habe ich nicht fürs 1860-Archiv gemacht“, sagte der Trainer schmunzelnd, „ich liebe diese Landschaft einfach. Die Bilder zeige ich meiner Frau, da will ich mal hin mit ihr.“
Vorerst war er mit seiner Mannschaft dort. Und mit dem Betreuerstab. Nicht nur, um das schöne Panorama in den Salzburger Alpen zu genießen und ein wenig abzuschalten. Nein, der Ausflug sollte auch der Integration dienen.
Lienen: "Wir wollen ja nach oben"
Schließlich hat 1860 in diesem Sommer eingekauft wie schon lange nicht mehr: Acht neue Spieler stehen im Aufgebot, darunter Tunesier wie Radi Felhi, der Grieche Charilaos Pappas, der Rumäne Florin Lovin. Ein gemeinsames Ziel hat der neue Personal-Mix schon: den Aufstieg in die Bundesliga. „Wir wollen ja nach oben“, sagt Lienen, „da muss man auch mal auf den Berg hoch. Wir haben's in zehn Minuten geschafft – mit Hilfe einer Seilbahn. Das war leicht. Aber eine Saison dauert bekanntlich länger."
Um die Ziele zu erreichen, muss die neu zusammen gestellte Truppe zu einer Einheit werden. Die blaue Bergtour in die Salzburger Alpen war ein erster Anlauf, ein Miteinander im Multikulti-Team zu erzeugen. „Solche Nachmittage werden vielleicht keine Wunder bewirken“, sagt Sportdirektor Miki Stevic, „aber sie fördern das Miteinander. Und es ist eine viel bessere Ablenkung, in der frischen Luft gemeinsam Spaß zu haben als im Zimmer rumzusitzen und im Internet zu surfen.“
Doch Stevic weiß auch: Zu oft darf man solche Nachmittage nicht wiederholen – sonst droht Langeweile in so einer großen Gruppe. „Den Prozess der Zusammenführung darf man nicht künstlich vorantreiben, Zusammenwachsen muss natürlich ablaufen, dann hat es auch eine lange Haltbarkeit."
Torben Hoffmann, einer wie Jürgen Kohler
Einer, der die Integration der Neuen vorantreibt, ist einer der Ältesten im Team: Torben Hoffmann, der 34-jährige Verteidiger – und das obwohl der bei Lienen gar nicht erste Wahl ist. „Der Torben macht bei uns einen ganz wichtigen Job“, lobt Stevic, „wie Jürgen Kohler damals in Dortmund. Der war auch kein Stammspieler mehr und hat allen geholfen. So wie Torben das macht, stell ich mir einen Führungsspieler vor. Wenn er weiter so macht, bringt uns das am Ende 20 Prozent mehr."
Aber auch Stevic tut alles dafür, dass sich die Mannschaft 230 Kilometer von München wohl fühlt: Er kickt im 1860-Trainingslager in St. Johann selbst mit; da kommen vor allem die jungen Talente ins Staunen, was der frühere Profi von Borussia Dortmund noch so alles am Ball kann. Der 39-jährige Stevic lächelt: „Im Fußball gibt es keine jungen und alten Spieler, sondern nur gute oder schlechte."
Oliver Griss