Der TSV Harmonie
Die Löwen begründen den sportlichen Aufschwung mit der guten Stimmung innerhalb der Truppe. Sportdirektor Miki Stevic gefällt das, allerdings warnt er davor, zu lieb zu werden.
MÜNCHEN Robert Niemann war bester Laune, als er Dienstag am Trainingsgelände ankam. „Ich bin sehr gut drauf“, rief er den Reportern zu, dann begrüßte der 1860-Geschäftsführer die Löwenstüberl-Mitarbeiterin Gisela und meinte noch auf gut münchnerisch: „Jetzt ziag ma o, es wird der Wahnsinn.“ Er ballte beide Fäuste und lachte wie ein Bub. Was so ein 4:2 in Karlsruhe alles ausrichten kann.
Dann erinnerte sich Niemann an den Beginn seiner Amtszeit: „Es war wie eine Achterbahnfahrt, als ich hier am 1.8. begonnen habe.“ Und nun? Präsentiert sich der ganze Klub als TSV Harmonie. Sportlich läuft es beim TSV 1860 rund: sieben Ligaspiele ohne Niederlage, eine Serie, die sich sehen lassen kann. Da gerät auch die leidige Geschichte um die Entlassung von Savio Nsereko und der Punktabzug durch die DFL fast in Vergessenheit. Zumal auch das der Stimmung innerhalb der Mannschaft nicht geschadet hat. Im Gegenteil. „Natürlich ist das mit der Harmonie immer so eine Sache. Sie ist sehr erfolgsabhängig, aber es stimmt schon, dass es momentan sehr harmonisch zugeht bei uns“, sagt Kapitän Daniel Bierofka. Er vergleicht die Situation mit seiner Zeit beim VfB Stuttgart. „Als wir mit dem VfB Deutscher Meister geworden sind (2007, d. Red.), war es so ähnlich. Da haben sich auch die Ersatzspieler in den Dienst der Mannschaft gestellt.“ Und weiter: „Es gibt keinen Neid in der Mannschaft, sondern nur ein Miteinander. Wir haben eine ganz klare Hierarchie und die Jungen wie der Kevin (Volland, d. Red.) oder Christopher (Schindler, d. Red.) sind alle charakterlich super in Ordnung. Nur mit dieser Harmonie kannst du Erfolg haben. Das ist die Basis.“
Kevin Volland hört das Lob natürlich gerne: „Jeder Spieler kommt mit jedem gut aus und es gibt keinen, den man nicht mag. Die älteren Spieler sind zu uns jüngeren immer sehr nett und hilfsbereit. Ich brauche so eine Harmonie als Nestwärme. Leider geht es nicht immer so. Wenn Erfolg da ist, dann ist auch Harmonie da. Mir tut das sehr gut", sagt er. Keeper Gabor Kiraly sieht den Ursprung für diese Harmonie im Sommer-Trainingslager der Löwen. „Da ist etwas zusammengewachsen, die Moral in der neuen Truppe hat von Anfang an gestimmt." Kiraly ist glücklich, weil „sich jeder wohl fühlt mit dieser positiven Stimmung“. Es gibt aber auch eine Person, die zu viel Harmonie in der Mannschaft offenbar stört: 1860-Sportdirektor Miki Stevic. Er sagt: „Es ist gerade sehr harmonisch bei uns und es ist sehr wichtig, dass eine Mannschaft funktioniert. Mir gefällt, dass die Mannschaft gut zusammen lebt. Ein Vorteil ist sicher, dass wir viele deutschsprachige Spieler haben. Aber zu viel Harmonie ist gefährlich im Leistungssport. Man muss sich reiben auf allen Ebenen."
Reinhard Franke