Der Scheich ist im Anflug
Schon Mitte dieser Woche will der neue Investor die Finanzsituation bei 1860 prüfen lassen. Ende April könnte die Umwandlung zum Turn- und Scheichverein München von 1860 schon vollzogen sein.
München - Arabisch hat Dieter Schneider noch nicht gelernt. „Zu mehr als Salam Aleikum (arabische Grußformel, die Red.) reicht es nicht“, sagt der Löwen-Präsident. Er lacht dabei – und will noch immer nicht bestätigen, dass ein Investor aus dem arabischen Raum kurz vor dem Einstieg beim TSV 1860 steht.
Leugnen kann er es aber auch nicht. Denn die Emissäre des Scheichs sind schon im Anflug. Nachdem es Schneider und Geschäftsführer Robert Schäfer am Freitag in letzter Minute gelang, die Gehälter zu überweisen und die Insolvenz vorerst abzuwenden, werden nun, wie die AZ aus Bankenkreisen erfuhr, Mitte der Woche schon die Finanzprüfer des arabischen Geschäftsmannes in München erwartet. Der Scheich macht ernst, Ende April könnte die Umwandlung zum Turn- und Scheichverein München von 1860 schon vollzogen sein. Und das müsste es auch. Denn: „Wir haben jetzt vier bis fünf Wochen gewonnen“, sagt Schäfer. Mehr nicht. Die so genannte Bankenlösung werde zwar weiter verfolgt, aber dass sie noch gelingt, ist unwahrscheinlich. Entweder der Scheich kommt – oder wohl keiner mehr. Der Fahrplan zum Verkauf:
Wie läuft das Geschäft? Der arabische Geschäftsmann hat nach dem Hilfsappell der Löwen über eine Münchner Bank Kontakt zum TSV 1860 aufnehmen lassen. Dem Vernehmen nach weiß er, dass man im Fußball allgemein und speziell bei den Löwen nicht auf hohe Gewinne setzen kann. Trotzdem hat er sich – in Rücksprache mit seiner Familie – grundsätzlich für den Einstieg entschieden. Sollte die „Due Diligence“ – eine umfassende Betriebsprüfung – keine großen Überraschungen ans Licht bringen, wird das Geschäft wohl klappen. 35 Millionen Euro könnte der Araber in 1860 investieren. Bedingung für einen Einstieg ist aber, dass das von den Löwen erarbeitete Sanierungskonzept, das unter anderem Forderungsaufschübe und Zinszahlungsverzichte der Gläubiger über sechs Jahre beinhalten soll, auch eingehalten wird.
Was können die Löwen bieten? Grundsätzlich maximal 49 Prozent der Stimmenrechtsanteile. Diese liegen derzeit zu 100 Prozent in der 1860 Geschäftsführungs GmbH. Durch eine Kapitalerhöhung könnten neue Stimmenrechte generiert werden, die an den Investor verkauft werden würden.
Was, wenn nicht Geld, verspricht der Araber sich vom Geschäft? Der Investor könnte sich „mit den Löwen ein Tor nach Bayern und Deutschland öffnen“, sagt Arabien-Experte Tilman Engel von der Sportberatungsagentur SBC International. „Es geht ihm auch um Kontakte in die Politik und die Wirtschaft. Er möchte beweisen, dass er seriös ist und sich Geschäfte mit ihm lohnen“, sagt einer, der mit am Verhandlungstisch sitzt.
Wie weit ist das Geschäft mit dem potentiellen neuen Hauptsponsor? Der Wettanbieter Bet3000 scheint bereit, mindestens 4,5 Millionen Euro in drei Jahren zu zahlen. Eine Bedingung ist aber eine tatsächliche Liberalisierung des Wettmarktes, über das derzeit die Politik verhandelt. Schäfer will außerdem noch abwarten, ob er den derzeitigen Hauptsponsor Comarch nicht doch zum Weitermachen überzeugen kann. „Wir haben noch keinen Vertrag mit einem neuen Hauptsponsor abgeschlossen“, betont er. Comarch zahlt derzeit 1,8 Millionen Euro pro Saison.
Mehrheitsaktionär bei Bet3000 ist übrigens Simon Springer, ein in Israel geborener Buchmacher, der lange in München gearbeitet hat. Ein Israeli und ein Araber zusammen bei 1860 – die Löwen werden völkerverbindend.
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