Der Playmobil-Klub: Besser als Sechzig?
Bereits seit Jahren steht Emporkömmling Fürth vor den Löwen: Eine Analyse, woran’s liegt.
MÜNCHEN Ein Comeback bei den Löwen schließt Torjäger Stefan Reisinger vor dem Zweitliga-Derby in Fürth am Sonntag ja aus. „In den letzten drei Jahren stand ich mit Fürth immer vor 1860 – und wenn ich noch mal wechsle, will ich mich ja verbessern.“
Eine Aussage, die für jeden Löwen-Fan einem Stich ins blaue Herz gleichkommen dürfte. Und doch ist Greuther Fürth, erst 1996 durch eine Fusion des Traditionsklubs SpVgg mit dem TSV Vestenbergsgreuth entstanden, seit Jahren besser als 1860. Der Emporkömmling mit dem Playmobil-Stadion? „Daran sieht man, dass Erfolg planbar ist. Aber ich bin überzeugt, dass wir bald vor Fürth stehen“, sagt Löwen-Sportdirektor Miki Stevic. Was Fürth momentan noch besser macht:
FUNKTIONÄRE
Am Ronhof lebt man Kontinuität vor: Präsident Helmut Hack ist der uneingeschränkte Chef – und das bereits seit 1984. Damals spielte 1860 in der Bayernliga, Präsident war Karl Heckl. Zwischen Heckl und dem derzeitigen Präsidenten Rainer Beeck versuchten sich noch fünf weitere Personen im Amt. „Das ständige Köpferollen bei 1860 muss ein Ende haben“, fordert OB und Löwen-Aufsichtsrat Christian Ude. Die neuen Macher Miki Stevic und Geschäftsführer Manfred Stoffers wollen lange bleiben.
Vorteil Fürth
FINANZEN
5,3 Millionen Euro Stadionmiete überweist 1860 jedes Jahr an den FC Bayern. Zudem sucht Stoffers fieberhaft nach einem neuen Hauptsponsor und einem Investor. Der Etat für den Lizenzspielerkader ist mit rund sechs Millionen Euro eher gering bemessen. Viel höher ist der Gesamtetat der Fürther (6,3 Millionen) freilich auch nicht, dennoch arbeitet der Klub erfolgreich. „Wir haben die Lizenz in den letzten zwölf Jahren immer ohne Auflagen bekommen“, sagt Hack stolz. Und der Vertrag mit dem Hauptsponsor läuft noch bis 2018.
Vorteil Fürth
FANS
„Es gibt nur wenige Vereine in Europa, die sich mit den 1860-Fans messen können“, schwärmt Stevic. Rund 28000 Zuschauer im Schnitt besuchen Heimspiele, nach Fürth werden 3000 Fans mitreisen – und den Fürthern somit den Saisonrekord von 11000 Zuschauern bescheren. Und mehr Stimmung machen die Blauen sowieso.
Vorteil 1860
SCOUTING
Trotz geringer Finanzmittel lassen die Fürther immer wieder mit einem guten Näschen für Transfers aufhorchen. In diesem Sommer etwa holten sie ablösefrei Sami Allagui von Absteiger Jena. Der führt mit 14 Treffern die Torschützenliste an. Die Löwen vertrauen seit einigen Jahren vor allem auf Rückkehrer wie Benny Lauth, Daniel Bierofka oder Sascha Rösler – und die eigene Jugend. Am Sonntag könnte in Mathias Fetsch ein weiterer Kicker aus der U 23 der Löwen sein Debüt feiern.
Unentschieden
ATMOSPHÄRE
Hier das pulsierende München, dort der idyllische Ronhof mit dem Playmobil-Stadion. Reisinger bevorzugt Letzteres. „Wir können ganz in Ruhe arbeiten“, sagt er, „das ist der große Pluspunkt. Bei 1860 war immer Zirkus.“ Stevic ficht das nicht an. Er sagt: „Ich arbeite gerne in unruhiger Atmosphäre. Ruhe kann man mit 65 haben.“
Unentschieden
Oliver Griss