Der Heimattraum lebt – noch einen Monat?
Die Projektgruppe Stadionzukunft stellt ihre Pläne vor. Stadtrat muss entscheiden
MÜNCHEN Die Pressekonferenz im kleinen blauen Container auf dem Trainingsgelände des TSV 1860 ist schon vorbei, als auch diejenigen, die das Thema wirklich betrifft, Antworten bekommen.
Mehr als 50 Menschen stehen im Halbkreis um Axel Dubelowski, den alle den „Löwenbomber“ nennen. Wie ein Regierungssprecher berichtet der 1860-Fanbetreuer sachlich über das, was Löwen-Präsident Rainer Beeck und Christian Waggershauser, dem Vorsitzenden der vom Präsidium eingerichteten Projektgruppe Stadionzukunft, soeben verkündet haben.
Es kommt selten vor, dass die Fans beim TSV 1860 mal ruhig sind. Aber jetzt geht es um die Seele, um die Heimat, um die Rückkehr ins Grünwalder Stadion. Und je länger der Löwenbomber redet, desto mehr beginnen bei den Anhängern die Augen zu leuchten.
Dabei ist eigentlich gar nicht so viel passiert. Aus dem brachialen wildmoserischen „Es geht hoid ned“ ist auch bei Beeck in der Stadionfrage kein „Wir machen’s“ geworden. Vielmehr ein verbindliches „wir wissen nicht, ob es geht.“
Wie berichtet, hält die von Waggershauser angeführte Stadionfindungskommission ein komplett neu zu bauendes Stadion mit Platz für 30000 bis 35000 Zuschauern an der Stelle des jetzigen Sechzgers für die beste Lösung für den TSV 1860.
Dieser Vorschlag war erwartbar, klar. Aber man kann der Gruppe um Waggershauser nicht vorwerfen, nicht auch andere Alternativen untersucht zu haben. Neben der Allianz Arena, deren Kosten die Löwen die Luft zum Atmen nehmen, hat die Kommission weitere Alternativen aussortiert:
Das Olympiastadion, wo bald die Rasenfläche zubetoniert werden soll, um dort Autorennen stattfinden zu lassen
das Dantestadion, das aber wegen der zu engen Wohnbebauung ringsum nicht ausgebaut werden könnte
das ZHS-Gelände, das die Stadt aber, genauso wie das Gelände an der Rudi-Sedlmayer-Halle, für die Olympiabewerbung braucht;
das Modell Neubau auf der Grünen Wiese, weil geeignete Grundstücke mit mit öffentlichem Nahverkehrsanschluss fehlen würden;
den Sportpark Unterhaching, weil der schlicht zu klein ist und weitere geeignete Grundstücke in Unterhaching nicht zur Verfügung stünden.
Es bleibt also nur: Giesing, Grünwalder Straße, Heimat.
Waggershauser schwebt ein kompletter Neubau eines Stadions mit nur einem Zuschauerrang und sehr steilen Tribünen vor. Mit der derzeitigen Kultstätte hätte das neue Stadion also nichts gemein. Als architektonisches Vorbild gilt die Impuls Arena in Augsburg.
Die Löwen-Fans können jedenfalls wieder träumen von einem Auszug aus der Allianz Arena – mindestens für einen Monat. Im Dezember will der Stadtrat über die Zukunft des Grünwalder Stadion entscheiden. Bis dahin müssen die Gremien mit einem tragfähigen und möglichst konkretem Konzept überzeugt werden.
Leicht wird das nicht, weiß auch Waggershauser: „Es gibt fünf K.o.-Kriterien, die erfüllt sein müssen, damit der Neubau eine Chance hat: Brandschutz, Sicherheit, Baurecht, Finanzierung und Zustimmung des FC Bayern zum Auszug aus der WM-Arena“, sagt er. „Wenn eines scheitert, ist das Thema erledigt.“ Dann wohl für immer. Auf die Erstellung einer teuren Machbarkeitsstudie will der Klub deshalb vorerst verzichten. Stattdessen hat das Präsidium ein Gutachten in Auftrag gegeben, ob und wie die komplizierten und verschärften Brandschutzbedingungen der Stadt erfüllt werden können. „Das ist machbar“, glaubt Waggershauser. „Wir haben Lösungsansätze, keine Lösungen“, sagt Beeck. Zum Träumen reicht das aber.
Filippo Cataldo