„Den Löwen wird man nie ganz los“
Ingolstadt-Profi Andreas Görlitz steht seinem Ex-Klub 1860 noch immer emotional nah. Beim Zweitliga-Derby am Sonntag willer die Vergangenheit jedoch „ausklammern“.
MÜNCHEN Andreas Görlitz muss einen Moment überlegen. „Hmm“, sagt er. „Ich komme nicht drauf, was war da? Ein Derby?“ Nein, er liegt falsch. Eigentlich hätte man ja meinen können, der ehemalige Fußballprofi des TSV 1860 könne sich noch etwas genauer an den 27. März 2004 erinnern, immerhin hat er an dem Tag das einzige Pflichtspieltor seiner Karriere geschossen. Und zwar für die Löwen. Bei Eintracht Frankfurt. In der Bundesliga. Es war ein gutes Spiel, dieser 3:0-Sieg, trotzdem stiegen die Sechzger wenige Wochen später ab. Und Andreas Görlitz ging.
Am Sonntag (13.30 Uhr, Liveticker auf abendzeitung.de) spielt er nun zum ersten Mal in einem Pflichtspiel gegen den TSV. Nach vielen von Verletzungen überschatteten Jahren beim FC Bayern und einem Abstecher zum Karlsruher SC ist Görlitz nun beim FC Ingolstadt gelandet. „Ich bin hier Führungsspieler“, sagt er. „Ich bin hier einer, der die Mannschaft nach vorne peitscht.“ Bislang klappte das noch nicht so wie gewollt, mit Görlitz verlor der Verein fast immer, dann fiel der 28-Jährige wegen eines Muskelfaserrisses aus – und Ingolstadt begann zu punkten. „Trotzdem gehe ich davon aus, dass ich gegen die Löwen dabei bin. Wir sind deutlich besser, als wir in der Tabelle dastehen. Gegen 1860 wäre ich besonders motiviert“, sagt er.
München, das ist für ihn – zumindest sportlich – Vergangenheit, der Verteidiger hat sich an die neue Heimat gewöhnt und fühlt sich wohl, „ich bin Teil des Vereins“. Und dennoch bleibt er tief im Herzen Blauer. Acht Jahre verbrachte der Weilheimer bei den Sechzgern, er kam als 14-Jähriger, spielte in fast allen Jugendteams, bei den Amateuren, später bei den Profis, wo er 37 Erstligaspiele machte. „Man wird den Löwen nie so ganz los“, sagt er, „jedes Mal, wenn ich sehe, dass 1860 gewonnen hat, freut mich das. Ich bin immer noch emotional stark mit den Löwen verbunden. Das ist ein schönes Gefühl. Aber Profifußball ist ein Geschäft, ein Job. Am Sonntag muss ich das alles ausklammern.“
Und dennoch spricht er über 1860, als sei er immer noch voll dabei. Dass die Sechzger in der Zweiten Liga spielen, darüber seien nicht mal die Bayern-Fans glücklich, „die vermissen die Derbys doch auch“, findet Görlitz. „München fehlen diese Spiele.“ Und doch hat auch er einen Anteil daran, dass es die Löwen nach all dem Finanzdilemma überhaupt noch gibt. Denn im Sommer vor sechs Jahren, als er für etwa 2,5 Millionen Euro zum FC Bayern und Benny Lauth für rund vier Millionen Euro zum Hamburger SV gingen, „wurden noch Summen bezahlt, die es heute kaum noch gibt. Ich denke, ohne das Geld von damals hätte es für 1860 schwarz ausgesehen“. Görlitz, ein Löwen-Retter also? „Nicht unbedingt. Ich bin ja auch wegen der sportlichen Perspektive gewechselt und weil ich das Maximale aus meiner Karriere herausholen wollte.“
Marco Plein