Daniel Bierofka: Ich leide mit den Löwen

Die 1860-Ikone Daniel Bierofka beendete im Mai seine Karriere. In der AZ erzählt er über sein Leben als Trainer der U16 und warum er den Abschied nicht bereut.
von  Matthias Eicher
Mehr Zeit für die Familie: Bierofkas Frau Nicole mit Tochter Zoe und Sohn Nico.
Mehr Zeit für die Familie: Bierofkas Frau Nicole mit Tochter Zoe und Sohn Nico. © Rauchensteiner/Augenklick

München - Daniel Bierofka ist Einer, der den Löwen im Herzen trägt. Der 35-Jährige spielte von 2000 bis 2002 und 2007 bis 2014 beim TSV 1860, dann beendete er seine aktive Karriere und ist nun Trainer der U16 der Löwen. Im AZ-Interview spricht er über seine jetzige Aufgabe als Jugendtrainer und sein Karriere-Ende, das er nicht bereut.

AZ: Daniel Bierofka, im Sommer haben Sie Ihre Spieler-Karriere bei 1860 beendet und einen Job in der Jugendabteilung übernommen. Wie geht’s Ihnen jetzt, ein halbes Jahr später?

DANIEL BIEROFKA: Mir geht’s gut, ich bin froh, dass ich den Sprung vom Profi zum Job danach geschafft habe. Das war bestimmt eine große Umstellung… Das war eine Riesen-Umstellung! Mittlerweile bin ich zum U16-Trainer aufgestiegen, weil der vorherige A-Jugend-Trainer Filip Tapalovic zum Co-Trainer der Profis hochgezogen wurde und Wolfgang Schellenberg (Leiter des Nachwuchsleistungszentrums der Löwen, Anm. d. Red.) die A-Jugend übernommen hat. Also darf ich jetzt die U16 trainieren.

Wie kommen Sie als Trainer der Jung-Löwen zurecht?

Es macht Riesen-Spaß. Vom Training über Videoanalyse, die Spiele sowieso. Ein bisschen Pädagoge muss man auch sein – die Jungs sind erst 15 und haben neben Fußball auch andere Probleme.

Die da wären?

Die Jungs sind gerade auf dem Sprung, den Weg zum Profi durchzuziehen. Sie sind mitten in der Pubertät, haben Probleme in der Schule und sind selbst nicht ganz einfach. Das muss man alles einbeziehen in die Leistung. Sie versuchen ein bisschen auszutesten, wie weit sie gehen können. Da muss ich ab und zu die Rute rausholen und dazwischenhauen (lacht). Zuckerbrot und Peitsche eben.

Sprechen wir über das Sportliche: Ihr Team überwintert als Fünfter in der Bayernliga. Sind Sie zufrieden?

Ich bin sehr zufrieden. Wir sind als Fünfter einen Punkt hinter den Bayern, haben Anschluss zum zweiten Platz. Mehr ist nicht drin, Erster ist die U17 des FC Augsburg. Die sind Absteiger und wollen wieder hoch, die Spieler sind ein Jahr älter als alle anderen. Gegen die hast du keine Chance. Aber ein bisschen was könnte in der Rückrunde schon noch gehen.

Bei den Profis lief es dagegen vor der Winterpause überhaupt nicht: Nur Platz 15, Abstiegs- statt Aufstiegskampf. Was kriegen Sie denn noch mit?

Innerhalb der Mannschaft natürlich nicht viel. Aber grundsätzlich habe ich mit den Jungs noch Kontakt, man sieht sich auf dem Trainingsgelände. Das ist eine ganz schwierige Situation, auch für die Psyche. Das nimmt man als Spieler mit nach Hause. Und mir tut die Situation auch weh.

Was würde der Trainer Biero jetzt empfehlen?

Der weiß auf jeden Fall: Die Zweite Liga ist kein Zuckerschlecken. Es geht viel über Zweikampf, Aggressivität – es geht nicht mehr ums Spielerische. Die Jungs müssen fighten, um jeden Grashalm kämpfen. Sie müssen punkten, sonst wird es eng. Ich glaube aber nicht, dass sie absteigen. Rodri und Edu Bedia kommen in der Rückrunde zurück. Außerdem Kai Bülow und Dominik Stahl: Die beiden können mit ihrer Art, Fußball zu spielen, die Mannschaft stabilisieren.

Der Verein wagte im Sommer einen großen Umbruch, neben Ihnen gingen mehrere erfahrene Spieler und hinterließen eine junge, unerfahrene Mannschaft – die trotzdem hohe Ziele hatte. Konnte das nur schiefgehen?

Nicht unbedingt. Man sieht auch in der Bundesliga beim BVB, wie schwer sich gestandene Spieler tun, wie sie Fehler machen. Können Sie mir bei Sechzig einen nennen, der keinen Bock geschossen hat? Natürlich habe ich lange Jahre bei Sechzig gespielt, neun Jahre. Auch Benny Lauth ist ja gegangen, der war acht Jahre hier. Da müssen neue Spieler hineinwachsen, das geht nicht von heute auf morgen.

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Mit Schindler führt die Löwen ein 24-jähriger Kapitän aufs Feld, der selbst noch lernen muss, mit der Rolle umzugehen. Eine undankbare Aufgabe?

Da würde sich jeder schwer tun. Du bist Kapitän gegen den Abstieg. Aber er war ja schon Vize-Kapitän, meiner Meinung nach macht er es gut. Jetzt muss ihm jeder helfen, man muss ihm Zeit geben.

Bereuen Sie angesichts der Löwen-Krise das Karriere-Ende im Sommer? Sie waren Kapitän, wären einer, der immer noch vorangehen könnte…

Nein. Ich habe ja gesehen, dass ein Umbruch kommt. Das war es mir und meiner Familie einfach nicht mehr wert. Ich hatte 15 schöne Jahre als Profi.

In denen Sie eine lange Verletzungshistorie mit Bandscheibenvorfällen, Sehnenverletzungen und vielen OPs durchleiden mussten. Wie geht’s Ihnen jetzt?

Ja, und heute weiß ich: Das war teilweise meine Schuld. Ich habe nie einen Zweikampf gescheut, bin viel Eins gegen Eins gegangen. Ich fühle mich topfit und wollte in so einer Verfassung aufhören. Ich kann jeden Tag laufen gehen, kann mit meinen Jungs auch mal kicken. Ohne dass danach alles wehtut.

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