BVB als Traumlos oder Handicap? Löwen-Ikonen reagieren in der AZ

Die Reaktionen zum Pokal-Kracher der Löwen gegen Dortmund fallen unterschiedlich aus. "Ein absolutes Fußball-Highlight", schwärmt Meisterlöwe Heiß, doch die Parallelen zum Rekord-Duell 2013 fehlen.
von  Matthias Eicher
24. September 2013: Die Löwen unterliegen im DFB-Pokal dem Favoriten Borussia Dortmund mit 0:2 nach Verlängerung - hier kämpfen Sechzigs Dominik Stahl (rechts) und der damalige BVB-Torjäger Robert Lewandowski um den Ball.
24. September 2013: Die Löwen unterliegen im DFB-Pokal dem Favoriten Borussia Dortmund mit 0:2 nach Verlängerung - hier kämpfen Sechzigs Dominik Stahl (rechts) und der damalige BVB-Torjäger Robert Lewandowski um den Ball. © imago images/Lackovic

München - Sechzig gegen den BVB. Die Blauen gegen die Schwarz-Gelben. Für viele Löwen-Fans fühlt sich der Erstrundengegner des TSV 1860 im DFB-Pokal der anstehenden Saison 2022/2023 gewiss wie ein kleiner Sommernachtstraum an. Einer, der sofort Erinnerungen an einstige Duelle mit dem Schwergewicht aus der Bundesliga weckt.

Fredi Heiß: "Das ist ein absolutes Fußball-Highlight für jeden Löwenfan" 

Allerdings muss man sich gerade im Vergleich mit der zurückliegenden Pokal-Spielzeit der Sechzger auch fragen: Ist der BVB-Kracher denn überhaupt ein Traumlos? Oder doch eher ein Handicap?

Alfred Fredi Heiß ist einer der unvergesslichen Meister-Löwen. (Archivbild)
Alfred Fredi Heiß ist einer der unvergesslichen Meister-Löwen. (Archivbild) © imago images/Ulrich Wagner

Die Meisterlöwen sind sich einig: Das Los an sich könnte besser kaum sein. "Das ist ein absolutes Fußball-Highlight für jeden Löwenfan", sagt Fredi Heiß der AZ voller Vorfreude. Kollege Bernd Patzke stimmt ein: "Dieses Duell freut mich, es erinnert an längst vergangene Zeiten. Es wird bestimmt eine tolle Stimmung herrschen."

Dominik Stahl: "Das war das Highlight-Spiel meiner Karriere"

So wie damals, am 24. September 2013: In der zweiten Runde der Pokal-Saison 2013/2014 fighteten sich tapfere Sechzger unter Trainer Friedhelm Funkel gegen den damaligen Champions-League-Finalisten bis in die Verlängerung.

Vor 71.000 Zuschauern in der ausverkauften Allianz Arena. Ein größeres Tollhaus sollte es nie wieder geben. "Die Stimmung, die Spannung, das war einfach traumhaft damals", schwärmt Heiß noch heute. Nun ja, bis auf das Ergebnis.

"Das war das Highlight-Spiel meiner Karriere", sagt Ex-Löwe Dominik Stahl im Gespräch mit der AZ und bezeichnet schon die damalige Vorbereitung auf den David-gegen-Goliath-Vergleich als "skurril". Der Grund?

"Ich sehe die Bilder noch vor mir: Dortmund stand ja kurze Zeit vorher im Champions-League-Finale", so der jetzige Hachinger über das 1:2 gegen die "Seitenstraßler", wie es im Sechzger-Jargon so schön heißt. Stahl erinnert sich: "Damals war Jürgen Klopp Trainer, sie hatten eine brutale Mannschaft mit Lewandowski, Reus, Aubameyang. Unser Trainer Friedhelm Funkel hat uns in der Videoanalyse dieses Spiel gezeigt!"

Stahl: "Ich hätte damals zum Helden werden können"

Hat sich ausgezahlt, schließlich hatte 1860 den BVB, so erzählt man es sich zumindest in Giesing, am Rande einer Niederlage. Stahl: "Ich hätte damals zum Helden werden können und ärgere mich noch heute darüber, dass ich einen Eckball nicht reingeköpft habe. Stattdessen hab' ich später den Reus per Notbremse von den Beinen geholt und bin zur tragischen Figur geworden."

Und dennoch ist dieser letzte Vergleich in den Köpfen geblieben, er hat den Sechzgern Respekt beschert. Von den dicken Einnahmen in die klammen Löwen-Kassen ganz zu schweigen.

Bernhard Winkler: "Es gibt immer eine Chance, aber da muss schon viel zusammenkommen"

Damit wären wir bei den Unterschieden zum neuerlichen BVB-Los. Wie der einstige Bundesliga-Knipser Bernhard Winkler erkennt, ist der Klassenunterschied "diesmal leider noch ein bisserl größer".

Bernhard Winkler erzielte zwischen 1994 und 2010  insgesamt 103 Tore für die Löwen. (Archivbild)
Bernhard Winkler erzielte zwischen 1994 und 2010 insgesamt 103 Tore für die Löwen. (Archivbild) © imago images/Sven Simon

Der 55-Jährige weiß wie's geht, den BVB zu schlagen: In der Saison 1997/98 schoss Winkler 1860 zum 3:2-Auswärtssieg im Westfalenstadion, zuhause siegte der TSV auch dank eines Tores des Knipsers mit 4:2. "Wir waren damals auch schon unterlegen, aber zumindest näher dran und eine geile Truppe. Da kannst du es in ein oder zwei Spielen schon mal ziehen, wenn die einen schlechten Tag haben." Über das anstehende Duell meint Winkler: "Es gibt immer eine Chance, aber da muss schon viel zusammenkommen." Auch Heiß sagt: "Ich hätte mir das Duell ein paar Spiele später gewünscht."

Bernd Patzke: "Zu diesem Zeitpunkt können die noch gar nicht eingespielt sein!" 

Den Löwen schwant es schon: In sportlicher wie finanzieller Hinsicht hätte der BVB gerne auch "erst" im Achtelfinale kommen dürfen. Was Spielort und Einnahmen anbelangt, kann es ein Revival ohnehin nicht geben: Die Arena ist inzwischen tabu, und das Olympiastadion steht, wie von 1860 auf der vereinseigenen Homepage klargestellt, auch nicht als Ausweichstadion zur Verfügung, um zehntausenden Anhängern den Zutritt zu ermöglichen.

Wäre also der Weg der abgelaufenen Spielzeit, als 1860 zuerst den SV Darmstadt 98, dann den Schalke 04 ausgeschaltet hatte und über eine Million Pokal-Mehreinnahmen verbuchen konnte, nicht deutlich besser? Nun dürfte nach einer sechsstelligen Antrittsprämie höchstwahrscheinlich Schluss sein.

Bernd Patzke wurde mit den Löwen 1966 Deutscher Meister. (Archivbild)
Bernd Patzke wurde mit den Löwen 1966 Deutscher Meister. (Archivbild) © imago images/UlrichWagner

Ein tolles Los ist der übermächtige Kontrahent trotzdem. Und wer weiß, vielleicht können auch 13 500 Sechzger-Fans im Grünwalder (1500 Tickets gehen an den BVB) ein paar Prozentchen aus den Köllner-Kickern kitzeln. Ein weiterer, kleiner Mutmacher spricht laut Patzke vielleicht doch für 1860: "Zu diesem Zeitpunkt können die noch gar nicht eingespielt sein!" Wen Patzke hier meint, ist klar: natürlich den BVB!

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