Bochum-Coach Neururer: "Friedhelm sieht Jahre älter aus als ich"
AZ: Herr Neururer, das kann ja was werden am Sonntag: Sie treffen mit Bochum auf Tabellennachbar 1860, das nur wegen der etwas schlechteren Tordifferenz...
PETER NEURURER (58): Moment! Da liegen Welten dazwischen. Sechzig hat ein negatives Torverhältnis, unseres ist positiv!
Na, meinetwegen!
Nur Spaß! Bochum gegen 1860, das ist für mich ein gefühltes Bundesligaspiel. Für solche Spiele lebst du als Trainer. Und dass ich eine Schwäche für die Löwen habe, das sollte sich doch mittlerweile herumgesprochen haben. Einfach ein toller Klub!
Das hat Friedhelm Funkel auch immer gesagt. Jetzt hat er Ihnen was voraus: Er hat einen Job bekommen bei 1860.
Es stimmt schon, immer, wenn 1860 einen Trainer gesucht hat, stand ich anderswo unter Vertrag. Und wenn ich ohne Trainerjob war, hatte 1860 keine Probleme. Unabhängig davon bin ich sehr glücklich in Bochum, kann hier in Ruhe arbeiten – und Sechzig braucht mich gerade nicht. Sie haben den richtigen Mann. Ich Freude mich sehr für Friedhelm. Es war längst überfällig, dass auch er wieder einen Job kriegt. Er ist ein Top-Typ, ein super Trainer. Wir sind vom selben Schlag.
So?
Absolut! Obwohl Friedhelm mindestens 30 Jahre älter aussieht als ich! (Funkel ist 59, die Red.). Er hat genau wie ich viel erlebt. Wir kennen Bundesliga, Zweite Liga, sind aufgestiegen, abgestiegen, entlassen worden, von selbst gegangen. Und wir wollen beide das gleiche erreichen.
Das wäre?
Wir sind beide Trainer geworden, um Träume zu verwirklichen. In meinem Fall wäre das, mal die Schale hochhalten zu dürfen.
Hat ja hervorragend geklappt bis jetzt!
Wahrscheinlich wird's auch nichts mehr. Aber ich höre nicht auf, zu träumen, solange man träumt, lebt man! Und in der Bundesliga werden Friedhelm und ich noch mal arbeiten! Davon bin ich überzeugt.
Wer steigt früher auf? Bochum oder 1860?
Kann ich aus der Ferne schwer beurteilen. Wir stehen jedenfalls da, wo wir stehen wollten, haben die letzten drei Spiele gewonnen, seit vier Spielen kein Gegentor kassiert. Wir sind auf einem guten Weg. Bochum gehört in die Bundesliga. Das gilt auch für Sechzig, die uns eine Meisterschaft, zwei Pokalsiege und ein Europapokalendspiel voraus haben.
Im Gegensatz zu 1860 spielt Bochum aber in einem eigenen und noch dazu wunderschönen Stadion.
Die Löwen hatten das Grünwalder, das habe ich auch noch erlebt, das war auch sensationell. Aber das ist vorbei, die Löwen sollten aufhören, vom Sechzger zu träumen. Je mehr man sich mit der Vergangenheit beschäftigt, desto trister ist die Gegenwart.
In der scheinen die Vereins-Verantwortlichen und die Fans immer ungeduldiger zu werden: Es wurden schon sechs Zweitliga-Trainer entlassen diese Saison.
Das ist schlimm und macht mich traurig. Mittlerweile ist es so, dass nach zwei Niederlagen am Anfang der Saison schon der Trainer fliegt. Hier in Bochum gab es überhaupt keine Diskussion, als wir vier Spiele hintereinander verloren haben. So muss es sein. Manchmal geht es nicht anders und du musst dich trennen. Aber dann bitte mit Stil Und außerdem....
Ja, bitte?
Du erkennst doch die Qualität eines Trainers erst, wenn die Mannschaft mal zwei, drei Spiele verloren hat. Erst in einer Krisensituation zeigt sich, aus welchem Holz ein Trainer geschnitzt ist. Das zu wissen, die nötige Geduld mitzubringen und Fußballsachverstand zu haben: Das gilt nicht für alle Vereinsverantwortlichen. Diese Spezialisten mit ihrer Hire-and-Fire-Mentalität sollten sich auch mal hinterfragen.