Benny Schwarz: "Tür zu, Licht aus"
MÜNCHEN Benny Schwarz wohnt sein ganzes Leben hier, er war mal ganz oben als Fußballprofi des TSV 1860, sein Gesicht war oft zu sehen in den Zeitungen. Doch auch wenn Schwarz erst 25 Jahre alt ist, all das ist schon lange her. Als sich die AZ mit Schwarz bei einem Italiener in seinem Heimatviertel Westend trifft, wird der Verteidiger weder von jemandem angesprochen noch als Löwen-Profi erkannt. Schwarz ist heute ziemlich weit weg vom Lizenzfußball – aber das will er so nicht akzeptieren.
Seit Anfang des Jahres fällt Schwarz mal wieder wegen einer Verletzung aus. Damals rutschte er im Training beim Schuss weg und riss sich die Patellasehne, es war nur die nächste von vielen Knieverletzungen, die nach seinem verheißungsvollen Karrierestart eine Laufbahn voller Hoffen und Bangen gemacht haben. „Ich habe bestimmt schon 100 Spritzen ins rechte Knie bekommen”, sagt Schwarz rückblickend. In der vergangenen Saison spielte er zwar sechs Mal, doch immer unter heftigen Knieschmerzen.
Heute sagt er: „Ich war zu verbissen, ich kam in einen Teufelskreis, habe immer mehr gewollt und immer weniger bekommen.” Und darum erkennt er: „Mir standen Türe und Tore offen, und klar, ich hatte den Traum von der großen Karriere, von der Bundesliga. Das ist wohl schon vorbei. Aber ich weiß trotzdem, dass ich noch mal zurückkommen kann. Ich weiß, dass ich es schaffen kann.” Schwarz wiederholt diese Sätze immer wieder, denn er weiß, dass für ihn entscheidende Tage anstehen: Es geht um einen neuen Vertrag bei 1860.
Zwar sagte Trainer Reiner Maurer bereits, er denke nicht, „dass wir bei ihm noch ein Jahr dranhängen werden”, doch kommende Woche soll ein Gespräch zwischen Sportchef Florian Hinterberger und Schwarz-Berater Berthold Nickl folgen. Schwarz sagt: „Für mich wäre das eine große Chance, das wäre die Sicherheit, die ich brauche, um es allen zu beweisen, die mich schon abgeschrieben haben.”
Es wäre tatsächlich eine großartige Rückkehr für den Fußballer, dessen jahrelange Verletzungspausen ihn einst in ein tiefes Loch rissen. Heute spricht er offen über eine schwere Zeit im vergangenen Jahr, „in der ich mich nicht mal über einen Lotto-Gewinn Freude hätte”. Schwarz verfiel in eine Antriebslosigkeit, verspürte keine Freude mehr, jeder Morgen, jeder Tag und jeder Gang zum Reha-Training verkam zur Qual. „Ich hatte keinen Antrieb mehr, keine Lust mehr auf irgendwas, ich wollte nur noch heim, die Tür zumachen und das Licht ausschalten.”
In der Mannschaft erzählte er lediglich seinem langjährigen Freund Stefan Aigner davon, die anderen ging das alles nichts an, Schwarz wollte das so. „Ich konnte nie verstehen, dass ein Mann wie Sebastian Deisler einfach so aufhört mit diesem Traumberuf im jungen Alter. Aber heute kann ich das gut nachvollziehen. Wenn man betroffen ist, kommt man auf die schlimmsten Gedanken. Und sich selbst in so einer Phase zu bekämpfen, ist schwerer als jeder Zweikampf im Fußball.”
Zwar nahm er nie psychologische Hilfe in Anspruch, doch mit viel Literatur über positives Denken, mit der Hilfe seiner Familie und zuletzt auch mit der Ablenkung mit seiner neuen Katze Troubles kämpfte Schwarz Stück für Stück gegen die Lustlosigkeit an – heute, sagt er, er fühle sich schon deutlich besser, auch wenn er von Mannschaftsabenden immer noch fernbleibt. „Auf Feiern habe ich keine Lust. Das ist mir unangenehm. Ich habe im Moment nichts zu feiern.”
Also schuftet er fast drei Stunden täglich im Reha-Center in Unterhaching für seine Rückkehr. Wenn die nicht bei 1860 klappt, dann halt woanders, sagt er. Das klingt nicht nach Trotz, Schwarz will auch nicht um einen Vertrag betteln – aber er sei immer noch Fußballprofi, „und zwar ohne diese zerreißende Verbissenheit. Ich sehe die Dinger lockerer. Das hilft mir.”
Darum hat er sich auch einen Plan zurechtgelegt, was passieren wird, wenn er es nach all den Knieverletzungen nicht mehr schaffen sollte im Fußball. „Ich habe alles erlebt, ich war oben”, sagt er und bezieht sich auf ein gefeiertes Pokal-Spiel der Löwen gegen die Bayern vor vier Jahren, in dem er Superstar Franck Ribéry ausschaltete, „und ich war ganz unten. Diese Erfahrung will ich weitergeben. Ich kann mir eine Spielerberatung gut vorstellen, ich weiß ja, wovon ich dann rede.” Doch auf Reden hat Schwarz keine Lust, noch nicht. Er will kämpfen, spielen. „Ich will es beweisen, ich bin noch nicht fertig.”
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