Bell: „Ich hoffe, Papa kommt oft nach München“
Stefan Bell ist erst 18, glaubt aber, dass er sich durchsetzen kann –mit Tipps seines Vaters.
AZ: Nun sind Sie endlich auch offiziell ein Löwe, Herr Bell. Was war Ihr erster Gedanke, als Sie vom Interesse der Sechzger gehört haben?
STEFAN BELL: Ich war total angetan. Mir war klar, dass ich in Mainz in der ersten Liga nicht viel spielen würde und dass ich in der Regionalliga Spielpraxis sammeln sollte. Daher ist das jetzt eine tolle Sache für mich. Ich kenne die zweite Liga zwar nicht, bin aber schon aufgeregt, was mich erwartet. Vor allem weiß ich, dass 1860 ein geiler Verein ist. Was ich gehört habe, sind die Fans immer voll da, auch wenn es dem Verein nicht so gut geht. Für mich klingt das alles sehr attraktiv.
Alexander Schmidt, der Assistent von Chefcoach Reiner Maurer, kennt Sie aus einigen Jugendspielen und ist begeistert. Können Sie sich vorstellen, warum?
Das lag wohl daran, dass ich mit Mainz 05, abgesehen von einem Unentschieden, immer gegen 1860 gewonnen habe. Da habe ich selbst meistens ganz gut gespielt. Als wir uns letzte Woche getroffen haben, hatte ich das Gefühl, dass mich Miki Stevic (1860-Sportdirektor, d.Red.), Reiner Maurer und Alexander Schmidt sehr gerne haben wollten. Das hat mich Freude, die drei waren mir von Anfang an sehr sympathisch.
Was erhoffen Sie sich von dem Jahr bei den Löwen?
Ganz klar: Ich komme zum TSV 1860, um zu spielen. Und ich weiß, dass ich das auch schaffen kann. Mir gefällt die Philosophie des Trainerteams, das bewusst auf junge Spieler setzt. In Mainz haben wir immer versucht, aggressiv zu verteidigen und flach und schnell nach vorne zu spielen. Ich denke, dass auch 1860 nicht nur lange Bälle nach vorne schlagen will. Das passt sehr gut zu mir.
Sie hatten im Frühling ein Angebot von Inter Mailand und werden stets damit in Verbindung gebracht. Stört Sie das?
Manchmal. Ich weiß zwar, dass es etwas Außergewöhnliches war, es hat mich Freude, aber ich habe mich dagegen entschieden. Es ist abgehakt.
Wird von Ihnen mehr erwartet, weil Sie das Interesse José Mourinhos geweckt hatten?
Das kann sein. Aber das Entscheidende ist, dass ich realistisch damit umgehe. Ich hatte ja damals, als ich in Mailand zu Besuch war, keinen Kontakt zu Mourinho, sondern nur zum Sportdirektor. Aber, wie gesagt, das mit Inter muss langsam abgehakt werden.
Zum Treffen mit 1860 kamen Sie mit Ihrem Vater. Möchten Sie ohne ihn keine Entscheidung treffen?
So eng sehe ich das nicht, aber mir ist seine Sicht der Dinge sehr wichtig. Vor allem, weil er oft einen anderen Blickwinkel hat. In Mainz war Papa bei jedem Heimspiel und manchmal auch auswärts. Ich hoffe, dass er es schafft, auch oft nach München zu kommen. Das wird natürlich nicht leicht, er wohnt bei Koblenz, und das ist bis München eine weite Strecke. Aber das schaffe ich auch so, ich ziehe alleine um. Erst mal geht's in ein Hotel, und dann will ich schnell eine Wohnung finden.
1860 hat schlechte Erfahrungen mit Vätern gemacht, die auf die Karriere ihrer Söhne einwirken, bei Kenny Cooper und Marvin Pourie sorgte das zuletzt für Probleme.
Da kann ich mit Sicherheit sagen: Bei mir gibt es keinen Grund zur Sorge. Ich treffe meine Entscheidungen letztlich ganz alleine. Aber ich höre mir eben sehr gerne andere Meinungen an.
Interview: Marco Plein