1860-Stürmer: Die Gefahr Okotie

München - Der Konflikt sei mal wieder „von außen aufgebauscht“ worden. Wie so oft in dieser Saison befand man beim TSV 1860: Wir verstehen uns doch alle, nur die böse Öffentlichkeit sehe das anders. Die aussortierten Spanier? Sportliche Gründe. Die Zerstrittenheit im Team? Nur eine Fehlinterpretation von Leuten, die Unruhe hineintragen wolle. Rubin Okoties Ausraster nach seiner Auswechslung im Relegations-Hinspiel in Kiel? Nur ein Missverständnis.
Missverständnis. So lässt sich das Verhältnis zwischen Okotie und den Löwen gerade treffend beschreiben. Denn der 27-Jährige fühlt sich offenbar nur missverstanden. Wie sonst soll man seine Reaktion deuten, nachdem er in der 55. Minute gegen Kiel ausgewechselt worden und schimpfend vom Platz gestapft war? Okotie war eindeutig der Meinung, dass er es verdient gehabt hätte, weiterzuspielen. Nach einer unglücklichen bis ungenügenden Leistung. Nach einer ersten Halbzeit, in der er mehr durch plumpe Fouls als durch Torgefahr aufgefallen war. Und nach einer Aktion in Minute 54, die ihn an den Rande eines Platzverweises gebracht hatte.
„Ich musste ihn schützen, musste den Verein schützen“, erklärte Löwen-Coach Torsten Fröhling die Auswechslung. Okotie hatte sich nicht mehr im Griff gehabt. Mit beiden Beinen voran war er in Kiels Rafael Kazior gerauscht. Dunkelgelb gab’s dafür. Glück für 1860, Pech für Okotie. Sinnbild einer bemerkenswerten Entwicklung.
Es hat eine Zeit gegeben, da hatte Okotie Gefahr für den Gegner ausgestrahlt. Torgefahr. Am Freitag musste der Gegner Okotie erneut fürchten. Aus gesundheitlichen Gründen. Wo ist der Mann hin, der in seinen ersten 20 Pflichtspielen für die Löwen 16 Tore erzielt hatte? Wo ist der Stürmer, der sich 2014 mit saisonübergreifend 26 Toren zurück in Österreichs Nationalelf geschossen hatte? Wo ist der geläuterte Spaßvogel hin, der seine Starallüren abgelegt hatte, um für 1860 auf dem Platz und für seine Familie daheim zu kämpfen?
Es scheint, als wäre der alte Okotie wieder da. Der Okotie, der weder bei Austria Wien, Sturm Graz, 1. FC Nürnberg noch in St. Truiden dauerhaft glücklich wurde. Der Okotie, der sieben Vereine in sechs Jahren durchlief. Und bei dem nun bereits einige davon ausgehen, dass auch das Kapitel 1860 im Sommer zu Ende gehen wird.
Warum eckt der Stürmer immer wieder an? Einer seiner ehemaligen Trainer, der nicht namentlich genannt werden wollte, hatte schon im Oktober gegenüber der AZ gewarnt: „Okotie ist ein Dickkopf. Ein typischer Stürmer. Ein Egoist. Wenn’s nicht läuft, gibt’s Probleme.“ Seit diesem Jahr läuft’s nicht mehr. Er trifft nicht mehr. Ist nicht fit. Unzufrieden. Von Anfragen aus der Bundesliga hört man nichts mehr. Sein Marktwert eingebrochen. Seine Zukunft ungewiss. Auch bei 1860. Vor dem Rückspiel gegen Kiel am Dienstag haben sie bei 1860 trotzdem keine Wahl. Sie brauchen Okoties Tore. Ein letztes Mal in dieser Saison. „Der Verein setzt auf Rubin. Die Mannschaft setzt auf Rubin“, sagte Fröhling deshalb. Ihm bleibt nichts anderes übrig. Sonst geht’s in die Dritte Liga.