1860-Kapitän Verlaat begeistert: "Die Liebe zum Verein wird größer"

AZ: Herr Verlaat, am Dienstag feierten die ersten beiden Teile der ARD-Dokumentation "Rise & Fall – 1860 München" im Cincinnati Kino Premiere, ab Samstag sind sie in der ARD-Mediathek zu sehen. Die Löwen sind per se schon einmal großes Kino, fällt ihnen ein passender Blockbuster-Titel ein?
JESPER VERLAAT: (lacht) Da müsste ich ein wenig länger nachdenken und mir Gedanken machen. Aber diese ersten beiden Folgen, da kann man sich richtig hereinversetzen. Das sind geile Einblicke, auch durch die alten Videos, die Bilder von Karl-Heinz Wildmoser und Werner Lorant. Das ist wirklich sehr interessant zu sehen. Es war natürlich eine andere Zeit, aber ich hatte Gänsehaut. Sechzig hat so viele Geschichten, das ist schwer, alles in einen Titel zu packen.
"Diese richtig tiefe Geschichte, die man hier sieht, war wirklich extrem"
Sie sind seit 2022 bei Sechzig. Hat diese Dokumentation, die die neuralgischen weiß-blauen Punkte der letzten 30 Jahre darlegt, Ihr Verständnis für den Löwen-Kosmos sogar noch intensiviert?
Ja, man bekommt viel mehr Gefühl für die Geschichte. Generell wird ja medial über die Vergangenheit immer nur so stückchenweise geredet, man bekommt mehr am Rande mit. Aber diese richtig tiefe Geschichte, die man hier sieht, war wirklich extrem. Und dann fühlt man mehr, man ist viel mehr verbunden mit dem Verein, der Geschichte, der Tradition. Es verankert sich alles viel mehr im Kopf, die Liebe zum Verein wird größer. Egal ob "Rises" oder "Falls", ob positive oder negative Gefühle, diese Emotionen verbinden. Das ist wirklich gut verbildlicht und ungefiltert in der Dokumentation.

Sie und das Team schreiben gerade am nächsten Kapitel von Sechzig.
Wir wollen natürlich positive Geschichten schreiben. Es geht um das Hier und Jetzt, darauf müssen wir uns fokussieren. Für uns geht es nicht darum, was in zwei, drei Jahren ist. Aber wir legen den Grundstein für eine gewisse Stimmung, mit dem sportlichen Erfolg. Da nehmen wir uns in die Pflicht, da müssen wir uns in die Pflicht nehmen. Unser Abschneiden schwappt auf den gesamten Verein über. Was wir beeinflussen können, sind Siege, sind gute Stimmung und Atmosphäre.
Sie arbeiten nach der Muskelverletzung im Oberschenkel, die Sie Mitte September in Rostock erlitten haben, an Ihrem Comeback. Wie weit sind Sie?
Für meinen Verlauf bin ich schon sehr weit, ich fühle mich sehr gut. Mit dem gesundheitlichen Verlauf bin ich sehr zufrieden, ich vertrage alles, alle Schritte, die wir gehen, funktionieren. Ich bin deswegen auch vom Kopf her sehr ruhig. Aber Gutes braucht halt Zeit.
"Es geht darum, ein Teil von etwas Großem zu sein"
Neuer Trainer, neuer Schwung, den ersten Schritt zur Wende mit dem 3:1 über Duisburg geschafft – wie weh tut es, gerade jetzt passen zu müssen?
Meine Situation ist ja komplett unabhängig von der Situation mit dem Trainerwechsel. Man will ja immer dabei sein. Wenn man verletzt ist, merkt man erst so wirklich, was es bedeutet, fit und dabei zu sein. Es geht dabei gar nicht darum, immer direkt zu spielen, man muss nicht immer der Mann im Mittelpunkt sein. Es geht darum, ein Teil von etwas Großem zu sein. Das geht einem während einer Verletzung mehr ab, wenn man auch nicht mehr täglich wirklich im Training dabei ist und das Gefühl hat, man wirkt nicht mit. Das finde ich persönlich extrem schwer. Aber ich versuche, meinen Teil beizutragen. Wenn ich nach der Reha kann, bleibe ich noch auf dem Gelände, will mich zeigen, die Stimmung auch für mich aufnehmen, dass ich doch dabei bin. Ich will präsent sein. Aber die Jungs gehen mit mir um, als wenn ich fit wäre.

Gibt es ein Geheimrezept oder eine persönliche Motivation, die den Weg zurück erleichtert?
In erster Linie ist es die eigene Motivation. Du bist ja Fußballer, du bist im Geschäft, weil du das Spiel liebst. Nichts mitbewegen zu können, die Emotionen auf dem Platz aufschnappen, Auswärtsspiele, Trainings oder das Flair in der Kabine mit den Jungs – das ganze Zusammenleben fällt ja weg. Diese eigene Motivation ist bei mir einfach extrem hoch, das will ich zurück. So schnell wie möglich und so gut wie möglich.