„1860 hat mir die Welt geöffnet“

Der 97-jährige Münchner Fritz Greß ist das älteste lebende 1860-Mitglied. Er unterschrieb 1926 einen Vereinsantrag. Für die AZ blickt Greß in die bewegte Klubgeschichte.
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Fritz Greß hat für die AZ sein 1860-Archiv aufgeschlagen
Griss Fritz Greß hat für die AZ sein 1860-Archiv aufgeschlagen

Der 97-jährige Münchner Fritz Greß ist das älteste lebende 1860-Mitglied. Er unterschrieb 1926 einen Vereinsantrag. Für die AZ blickt Greß in die bewegte Klubgeschichte.

AZ: Grüß Gott, Herr Greß: Der TSV 1860 feiert in diesem Jahr sein 150-jähriges Bestehen: Wissen Sie, warum wir uns mit Ihnen treffen?

FRITZ GREß: Nein, warum?

Sie sind mit bald 98 Jahren nicht nur das älteste lebende 1860-Mitglied, sondern auch am längsten im Verein dabei.

Ehrlich? Das habe ich gar nicht gewusst.

Wissen Sie eigentlich noch, wie Sie ein Sechzger geworden sind?

Natürlich, das vergisst man nicht. Es war 1926. Ich habe mein Sportabzeichen gemacht – aber schon Jahre davor habe ich mich für 1860 interessiert: Ich bin in der Humboldtstraße aufgewachsen. Als Bub bin ich immer vor zum Schyrenplatz, da haben die Schlagballer gespielt. Die waren damals führend in Deutschland. Die Sechzger – das war immer ein besonderer Klub.

Inwiefern?

1860 war kein Arbeiterverein, wie er fälschlicherweise immer dargestellt wird, sondern ein gutbürgerlicher Verein. Meine Ferien habe ich übrigens immer hinter der Stehhalle verbracht.

Waren Sie selbst auch richtig aktiv?

Natürlich, ich war Leichtathlet, ein Mittelstreckler. Ich muss ehrlich sagen: Meine Eltern haben gut verdient, aber 1860 hat mir die Welt geöffnet. Durch den Verein bin ich erstmals aus München raus gekommen, durfte zum Jugend-Sportfest nach Darmstadt. Das war damals eine große Auszeichnung. Später bin ich dann zu den Handballern, hab’ dort die Jugend betreut. Bei Sechzig habe ich auch meine Frau kennengelernt.

Es war also schick, bei 1860 Mitglied zu sein?

Das kann mal wohl sagen: 1860 war in seiner Vielzahl an Abteilungen der führende Verein in Deutschland. Im Turnen, in der Leichtathletik, im Gewichtheben – heute begeistern sich die Menschen für Modesportarten wie Aerobic. Das ist irgendwie schade.

Hat Sie der Fußball denn nicht ein klein wenig fasziniert?

Und ob – Fußball war meine große Liebe, aber wegen der Schule durfte ich selbst nicht spielen. Ich habe die Spieler alle gekannt, den Kop Maxi im Tor oder den Lachner Wiggerl. Das waren richtige Helden zu ihrer Zeit.

Später kamen dann Fredi Heiß, Rudi Brunnenmeier – und natürlich der Radi...

Das war eine glorreiche Zeit für 1860, diese Generation war wirklich einzigartig. Adalbert Wetzel und Max Merkel waren die Väter der Erfolge in den 60er Jahren. Die Löwen waren in aller Munde. Der Radi war schon ein Hundling mit seinen Ausflügen, der hat alle verrückt gemacht.

Heute gurkt der TSV 1860 in den Niederungen der Zweiten Liga herum...

Das ist jammerschade für den Verein – ich verfolge seit Jahren das aussichtslose Bemühen, wieder aufzusteigen. 1860 hat ein großes Problem: der Verein ist arm. Die guten Sponsoren, die dem Verein helfen könnten, sind alle untergebracht. Und 1860 hat kein Eigentum mehr: Das Sechziger ist verkauft – und auch die Sportanlage an der Auenstraße, die seinerzeit die hochmodernste in ganz Deutschland war. Ich behaupte: München verträgt keine zwei Bundesliga-Klubs.

Was hat Sie in den fast 100 Jahren am meisten getroffen beim TSV 1860?

Die Abstiege, klar. Die haben mich immer traurig gestimmt. 2004 war’s am schlimmsten, da hat sich keiner dagegen gestemmt, alles wurde hingenommen. Am schlimmsten war dieser komische Trainer. Wie war denn gleich noch mal sein Name?

Falko Götz.Genau der!

Der hat doch gar nicht zu uns gepasst. 1860 braucht wieder einen Einpeitscher wie Max Merkel.

Interview: Oliver Griss

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