14 Jahre Missverständnis zwischen Ismaik und 1860 München – wer durchbricht den Teufelskreis?
Der Teufelskreis – "eine ausweglos scheinende Lage, die durch eine nicht endende Folge unangenehmer, einander bedingender Geschehnisse, Faktoren herbeigeführt wird", beschreibt der Duden. Der Teufelskreis – es beschleicht einen das Gefühl, dass diese Erklärung wie die Faust aufs Auge des Löwen passt: Wie oft steckt der TSV 1860 sportlich wie wirtschaftlich und emotional mitten im Schlamassel? Seit 2011 befindet sich der stolze Traditionsverein in einem Abhängigkeitsverhältnis zu seinem polarisierenden Investor Hasan Ismaik.
AZ-Serie beleuchtet die fünf Konfliktfelder des TSV 1860
Doch schon vor dem Einstieg des Geldgebers zankten sich die Blauen. Sie stritten sich um die richtige Spielstätte, um die optimale Ausbildung, Einbindung oder möglichst lukrativen Verkauf ihres Tafelsilbers und die strategische Ausrichtung. Seit dem Meistertitel im Jahre 1966 laufen sie in sportlicher Hinsicht ihren glorreichsten Zeiten hinterher. Und doch lieben die Fans ihre Sechzger auf eine einzigartige Art und Weise, das Motto "Einmal Löwe, immer Löwe" ist Programm.
Die AZ versucht sich an einer fünfteiligen Serie, um die Giesinger in ihrer ganzen Pracht und allen (aktuellen) Problematiken zu erklären: Fünf Teile, fünf Konfliktfelder. Fünf Teufelskreise eben. Teil eins – die toxische Gesellschafterkonstellation:
Der umstrittene "Geldverleiher" will das Sagen haben
Hasan Ismaik, der umstrittene "Geldverleiher": Am 30. Mai 2011 wurde der Kooperationsvertrag zwischen dem Investor und dem TSV 1860 geschlossen, um den damaligen Zweitligisten vor der Insolvenz zu bewahren. Vor wenigen Tagen jährte sich die Zusammenarbeit zum 14. Mal, zum Ende der Spielzeit 2025/26 "feiern" der Millionär und seine Sechzger ihr 15-Jähriges. Die Gesellschafterkonstellation stellt den übergeordneten Rahmen dar und soll daher zuerst beleuchtet werden.

Das Hauptproblem zwischen Geldgeber und Mutterverein: Von Zusammenarbeit kann bis heute kaum eine Rede sein. Zu naiv war der inzwischen 47-Jährige in Unkenntnis der 50+1-Regel, die dem Mutterverein nach wie vor die Entscheidungshoheit sichert und ihn zum bestimmenden Gesellschafter des TSV macht. Dabei möchte Ismaik, dem auch Sechzigs Fanartikel-Firma gehört, sowohl das Sagen haben, als auch mit seinem Investment Geld verdienen – und die Löwen endlich wieder groß machen. Dabei Dornen in den Augen Ismaiks: die Funktionäre des Klubs.
"Seit 14 Jahren leide ich unter diesen Leuten. Sie haben mir sehr schlechte Erfahrungen und eine sehr schlimme Zeit bereitet", sagte er in einem Interview mit dem "BR": "Es gibt keine Wertschätzung, keinen Respekt. Nichts."
Vereinsbosse halten an Entscheidungshoheit, Konsolidierungspläne und Traditionen fest
Die Vereinsbosse als Widersacher: Der aktuelle Vereinspräsident heißt bekanntlich Robert Reisinger, Anfang Juli soll mit Gernot Mang ein Mann als Nachfolger ins Amt gewählt werden, der den Verein ebenfalls aus einer Position der Stärke heraus führen will. Sechzigs einflussreiches Kontrollgremium im Hintergrund, der neunköpfige Verwaltungsrat mit der Doppelspitze Sascha Königsberg und Sebastian Seeböck, gilt als investorenkritisches Machtinstrument im Hintergrund, das von den Mitgliedern gewählt und insbesondere von der Organisation "Pro1860", von den "Freunden des Sechzgerstadions" und nicht zuletzt von Sechzigs Ultras gestützt wird.

Konfliktpotenzial ist alleine dadurch programmiert, dass die Bosse weder ihre grundsätzliche Entscheidungshoheit, noch ihre Konsolidierungspläne und ihre Traditionen über Bord werfen wollen. "Der klare Wählerauftrag an den Rat sowie an sämtliche gewählten Vertreter lautet: ’50+1’ ist unverhandelbar! Hierfür stehen wir mit Nachdruck ein", stellte Boss Königsberg, der selbst aus der Fankurve kommt, in einem Interview mit "11Freunde" klar. Deutliche Worte, die aufzeigen: Zwei Lager stehen sich (unversöhnlich?) gegenüber. Diese Spaltung durchzieht den ganzen Verein.
Hasan und die Hardliner – größer könnte der Gegensatz kaum sein. Doch wie will man bei so gegenläufigen Interessen eine gemeinsame Strategie verfolgen? Beide Seiten haben in all den Jahren diverse Wege gesucht, um Interessen durchzusetzen: Ismaik durch eine Klage gegen 50+1, durch vielfache Rücktrittsforderungen an die Vereinsoberen, durch Finanzspritzen als Druckmittel, gepaart mit Forderungen, die Entscheidungskompetenzen erhöhen.
Ismaik will 1860-Anteil verkaufen – bisher kein ernstzunehmender Interessent
Der e.V. hat Ismaik nach dem Absturz in den Amateurfußball die Stirn geboten und seinen Ausstieg erhofft, mancher Löwe liebäugelte gar mit einer Insolvenz. Von einer "Politik der Nadelstiche" gegen Ismaik war die Rede. Im Winter 2024 schied ein neuer Darlehensvertrag die Giesinger Geister, da eine Klausel der Vereinsseite erschwert, bei der Einstellung eines Geschäftsführers 50+1 zu ziehen.
Mitte April hat Ismaik nun erstmals offiziell geäußert, dass er seine Anteile verkaufen möchte. Nach AZ-Informationen ist bisher kein ernstzunehmender Interessent gefunden. Scheint so, als würde dieser Teufelskreis also noch länger bestehen bleiben. Fortsetzung folgt. . .