Triumph des Glöckners

Österreich verneigt sich vor Hermann Maier, die Konkurrenz zittert schon wieder. Der Ski-Star ist nach seinem Sieg in Lake Louise zu Tränen gerührt.
von  Abendzeitung
Manchmal wundert sich Hermann Maier selbst, wie schnell er noch unterwegs sein kann.
Manchmal wundert sich Hermann Maier selbst, wie schnell er noch unterwegs sein kann. © dpa

Österreich verneigt sich vor Hermann Maier, die Konkurrenz zittert schon wieder. Der Ski-Star ist nach seinem Sieg in Lake Louise zu Tränen gerührt.

LAKE LOUISE Ausgebremst wurde Hermann Maier erst später, in der Nacht. Nach der Landung in Denver wurde die 180 Kilometer lange Weiterreise nach Beaver Creek, dem nächsten Weltcup-Ort, zum Abenteuertrip. Dank eines Wintereinbruchs kam Maier erst weit nach Mitternacht an.

Nach Tagen wie dem Sonntag war das zu verschmerzen. Nach seinem 54. Weltcup-Sieg beim Super-G von Lake Louise, dem ersten Triumph seit der Abfahrt von Garmisch im Januar 2006, ein Erfolg, der nun auch den alten Maier völlig überraschte. „Das ist einer der schönsten Tage meiner Laufbahn“, sagte Österreichs Ski-Star und kämpfte mit den Tränen. „Ich hätte keinen Cent auf mich gesetzt.“ Wie auch.

Zwei Wochen zuvor hatte Maier noch überlegt, ob er sich den Übersee-Trip nach Kanada schenken soll. Ein vier Millimeter langer Riss in der Bandscheibe zwischen den Lendenwirbeln vier und fünf hatte ihm mächtig zugesetzt. Wegen seiner Behandlung mit Schmerzmitteln und seinem gebückten Gang schmähten sie über ihn in Österreich, den „Kapitän des SC Voltaren“, andere meinten, er habe in einem Casting für die Neuverfilmung des „Glöckner von Notre Dame“ bessere Chancen als auf den Weltcup-Pisten.

Doch jetzt laufen sie in Österreich gekrümmt. Weil sie sich verneigen vor ihrer Legende. Von „Maiers Auferstehung“ schrieb der „Kurier“, die „Krone“ erkannte auf ein „neues Wunder“, für die „Presse“ war es eine „unheimliche Rückkehr.

Selbst Maiers geschlagene Konkurrenten waren angetan, wie etwa John Kucera, der mit fast sechs Zehntel Rückstand Zweiter wurde. „Das war Hermann wie in seinen besten Zeiten“, meinte der 24-jährige Kanadier, der vor genau zwei Jahren beim Super-G von Lake Louise seinen bisher einzigen Weltcupsieg gefeiert hatte. In der Nacht davor hatte er übrigens Hermann Maiers Autobiographie von vorne bis hinten komplett durchgelesen.

Und auch Didier Cuche, der Schweizer, der als Dritter im Ziel war, meinte nur: „Maier ist Maier. Ich hoffe aber, er wird nicht der alte Maier, sonst sieht es schlecht für uns aus.“ Fast schüchtern wiegelte Maier da nur ab und meinte: „Nein, da brauchen sie keine Angst haben, das ist vergangene Zeit, der Körper gibt das nicht mehr her.“ Ein geschundener Körper, mit dem Maier schon in seiner Zeit vor der Karriere als Maurer wenig pfleglich umging, der auch immer noch Spätfolgen des Motorrad-Unfall im August 2001 aufweist, ist das Sprunggelenk seitdem versteift. „Ein Werkzeug kannst halt austauschen“, sagte Maier vor dem Abflug nach Kanada, „einen Körper nicht.“ Braucht es aber auch nicht. Solange er immer noch so gewinnen kann.

Den Rekord des ältesten Siegers eines Weltcup-Rennens hat Maier übrigens noch nicht. Den hat noch Marco Büchel, der Liechtensteiner, mit 36 Jahren, zwei Monaten, 14 Tagen. Maier könnte ihn im Februar ablösen, beim Super-G von Sestriere wäre er einen Tag älter. Und wenn nicht, dann irgendwann. Hermann Maier, so scheint es, hat noch viel Zeit.

fk

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