Todestag von Thaibox-Legende Kabashi: Starker Mann mit zerbrechlicher Seele

Am 4. Dezember 2011 wurde der Kickbox-Superstar Besim Kabashi tot in seiner Wohnung in München aufgefunden. "Einer der schwärzesten Tage in meinem Leben", sagt sein Trainer Mladen Steko.
Matthias Kerber
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Zehnter Todestag: die Münchner Kickbox-Legende Besim Kabashi († 35).
Zehnter Todestag: die Münchner Kickbox-Legende Besim Kabashi († 35). © Steko/ho

Als Mladen Steko am Abend dieses 3. Dezembers 2011 wieder in sein Auto stieg, hörte er die Glocken der St.-Stephan-Kirche schlagen. Was er da noch nicht wusste, nicht wissen konnte: Es war so etwas wie ein letztes Geleit, die Totenglocken für einen starken Mann mit einer sehr zerbrechlichen Seele. "Diesen Moment werde ich nie vergessen. Im Nachhinein war es wie ein Zeichen von oben", sagte Steko nun der AZ.

Kabashi öffnete die Tür nicht 

Zuvor hatte er, der erfolgreichste Kickboxtrainer der Welt, an der Tür seines Schützlings, der Thaibox-Legende Besim Kabashi, sturmgeläutet. Doch der 35-Jährige machte nicht auf. Er machte nie wieder auf. In der Nacht wurde der Schwergewichtsweltmeister regungslos und ohne Bewusstsein in seiner Wohnung in Berg am Laim aufgefunden, er atmete kaum noch. Am 4. Dezember hörte dann das Herz dieser Kampfmaschine im Krankenhaus zu schlagen auf.

"Er war nicht zum Training erschienen, was es bei ihm nicht gab. Andere Fighter wie Florian Pavic informierten mich, dass sie von Besim eine SMS erhalten hätten, dass er 'nicht mehr weitermachen will'. Deswegen bin ich ja zu ihm gefahren", sagte Steko. Am nächsten Tag bewahrheiteten sich dann die schlimmsten aller Befürchtungen. Kabashi, der am 16. Dezember im Circus Krone den Hauptkampf auf Sat.1 bestreiten sollte, war tot.

Trainer Steko: "Einer der schwärzesten Tage meines Lebens"

"Ich erhielt den Anruf von einem seiner besten Freunde, dass Besim gestorben ist. Es war einer der schwärzesten Tage meines Lebens. Ich hatte sehr lang daran zu knabbern. Man macht sich schon Vorwürfe, warum man nicht in ihn hineinschauen konnte", sagte Steko anlässlich des zehnten Todestages von Kabashi: "Mehr kann ich aber über die Umstände seines Todes nicht sagen. Ich weiß es schlicht nicht."

Die Obduktion ergab, dass Kabashi, der seit langem Antidepressiva nahm, an einer Überdosis Tabletten gestorben ist - dies bestätigte die Polizei damals. Als Todesursache wurde "Hirnversagen durch Medikamentenmissbrauch" bekanntgegeben.

Steko: "Er war einfach zu stark, um Schwäche zu zeigen"

Schwere Schatten lagen damals auf der Seele von Kabashi, doch er ließ niemanden einen Blick in sein Innerstes werfen. "Ich habe ja beinahe mehr Zeit mit ihm als mit meiner Frau verbracht, aber er hat nie auch nur einen Anflug von Schwäche gezeigt. Er war einfach zu stolz, um Schwäche nach außen zu zeigen", sagte Steko.

Am 9. Dezember 2011 sollte zudem ein Gericht darüber entscheiden, ob Kabashi in Haft müsste. 2010 hatte er im Suff auf er Wiesn einen Kellner verprügelt. Kabashi schämte sich zutiefst für seinen Aussetzer. "Er war im Privatleben so ein unglaublich lieber Kerl. Die Leute, die, die ihn nur privat kannten, konnten es gar nicht glauben, wenn sie ihn als Kämpfer im Ring sahen", sagte Steko, "ich habe vor einem Kampf immer mehrere Minuten gebraucht, um ihn runterzukriegen. Er war immer auf 100, wie ein wilder Stier. Er war ein Phänomen."

Für seine Heimat Kosovo war er ein Nationalheld

Und er war ein Nationalheld in seiner Heimat Kosovo. Nach seiner Aufbahrung im Beerdigungsinstitut Aetas in München, bei der über 600 Personen Abschied nahmen, wurde Kabashis Leichnam in seine Heimat überführt. Dort wurde er in einer Schule in seinem Geburtsort Istok aufgebahrt.

Gleich am Morgen wurden die Pforten für die Trauernden geöffnet, doch um 15 Uhr war noch immer eine lange Schlange an Menschen, die sich verabschieden wollten, vor der Schule. "Es war unglaublich. Es waren an die 10.000 Trauergäste da, das Fernsehen, Politiker, Minister. Sie alle waren am Boden zerstört", sagte Steko, der an beiden Zeremonien teilnahm.

Kabashi war ein wunderbarer Mensch ... und sehr sensibel

Die Leute mussten mit eigenen Augen sehen, dass Besim Kabashi, dieser Volksheld, dieser so unbezwingbar wirkende Kerl, der mit seinem spektakulären Kampfstil die Massen elektrisierte, der mit seinem Lausbuben-Lächeln und seiner herzlichen Art, die Herzen der Menschen berührte, wirklich tot war.

"Er war ein toller Kämpfer und ein noch besserer Mensch", sagte die Kickbox-Queen Christine Theiss damals der AZ: "Aber ich habe auch immer gesagt, dass Besim der Sensibelste von uns allen ist."
Eine sensible Seele, eine zerbrechliche Seele in einem Berg von einem Mann, der zu Stolz war, eine Schwäche zuzugeben. "Wenn ich an Besim denke, dann denke ich an einen wunderbaren Menschen, alles andere ist zweitrangig", sagte Steko, "und so soll er in Erinnerung bleiben. So habe ich ihn in Erinnerung."


Anmerkung der Redaktion: In der Regel berichtet die AZ nicht über Selbsttötungen – es sei denn, die Tat erfährt durch die Umstände besondere Aufmerksamkeit. Suizidgedanken sind häufig eine Folge psychischer Erkrankungen. Letztere können mit professioneller Hilfe gelindert und geheilt werden. Wer Hilfe sucht, auch als Angehöriger, findet sie bei der Telefonseelsorge: 0800–111 0 111 und 0800–111 0 222. Die Berater sind rund um die Uhr erreichbar, jeder Anruf ist kostenlos.

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