Theiss: "Besim, dieser Sieg gehört dir!"
Kickboxerin Christine Theiss gewinnt zwei Wochen nach dem Selbstmord ihres Trainingspartners Kabashi den WM-Kampf im Circus Krone. Schon in der zweiten Runde ist alles vorbei
MÜNCHEN - Um 21.42 Uhr gehen im Circus Krone die Lichter aus. Bevor Sat.1 mit der Live-Übertragung des WM-Kampfes der Kickbox-Queen Christine Theiss beginnt, wollen Fans und Kollegen einem Freund die letzte Ehre erweisen. Auf dem Balkon des Zirkuszeltes erscheint ein überdimensionales Bild, darauf Besim Kabashi, überlegen lächelnd, mit seinem WM-Gürtel um die Schulter.
Sie wollen ihn so in Erinnerung behalten; als unermüdlichen Kämpfer, als den kosovarisch-münchnerischen Rocky, als den Thaiboxweltmeister aus dem Kampfstall der Steko-Brüder Mladen und Pavlica. Und keineswegs als den Mann, der vor zwei Wochen mutmaßlich genug von seinem Leben hatte und sich allen Anschein nach mittels einer Medikamenten-Überdosis umgebracht hat.
Es ist ein durchaus würdevoller Abschied, den die Leute vom Kampfsportzentrum Steko ihrem spektakulärsten Kämpfer da bereitet haben. So würdevoll es eben geht in einem Zirkuszelt, inmitten einer Kampfsportveranstaltung. Zum Ende der Schweigeminute schlägt für Kabashi der letzte Gong. Gut eine Stunde später betritt der sportlich-optische Hauptact des Abends den Ring.
Theiss trägt einen kurzen blauen kimonoartigen Mantel, hat eine fast schon unheimliche Entschlossenheit in ihren Augen. Während der Hymne bewegen sich ihre Füße nervös nach vorne und hinten. Und mit dem ersten Gong stürmt Theiss, sonst eher eine Spätstarterin im Ring, nach vorne. Ihre sieben Zentimeter größere Gegnerin Martina Müllerova weiß nicht, wie ihr geschieht. Als ob Theiss es Kabashi, ihrem draufgängerischen Freund und Trainingspartner, nachmachen will, belegt sie Müllerova mit einem wahren Schlaghagel.
Gegen Ende der ersten Runde verliert Theiss eine Kontaktlinse. Aus dem Konzept bringen kann sie das an diesem Abend auch nicht. Nach 15 Sekunden in der zweiten Runde hat sie ihre Konkurrentin zum ersten Mal am Boden. Keine Minute später nimmt der Ringrichter die Tschechin aus dem Kampf. Theiss jubelt ausgelassen, schreit sofort „Besim!" ins Publikum. Und tatsächlich war diese 18. Titelverteidigung von Dr. Kickbox ein Kampf, den Kabashi geliebt hätte: Schnell, hart, gleich zu Ende.
Theiss jubelt, sie zeigt live in Sat.1 das ganze Repertoire, dankt ihrem Mann, der Familie, den Trainern und sogar „meiner Rettungshundestaffel, die ich in den letzten Wochen im Stich gelassen habe.“ Dann übermannen sie die Gefühle: „Besim, dieser Sieg gehört dir“, ruft Theiss nochmal ins Mikro. „Ich danke dir für deine wunderbare Freundschaft, für deine ehrliche Haut. Wir sind tausend Tode gestorben bei deinen Kämpfen, aber du hast immer gewonnen. Besim, du warst ein wunderbarer Mensch und wir werden dich nicht vergessen", sagt sie mit stockender Stimme.
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