Svetislav Pesic: Mut zur Wut

Bayerns Meistercoach legt nach seiner Brandrede erneut nach. Nur eines will er nicht sein: ein Trickser. „So verrückt bin ich nicht“
Matthias Eicher |
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Ein ehrlicher Wüterich: Bayerns Meister-Trainer Svetislav Pesic
Rauchensteiner/Augenklick Ein ehrlicher Wüterich: Bayerns Meister-Trainer Svetislav Pesic

München - „Ich hätte auch sagen können: ‘Super-Spiel, weiter so! Es war super spannend, die Halle ausverkauft, Ulm hat toll gespielt und wir hatten ein bisschen Probleme – bis wir angefangen haben, zu spielen.’ Dann wären alle zufrieden gewesen“, sagt Bayerns Meister-Trainer Svetislav Pesic am Freitagmittag.
Gesagt hatte er es selbstredend nicht. Ganz im Gegenteil. Stattdessen hatte der Bayern-Coach nach dem Spiel gegen ratiopharm Ulm am Dienstagabend eine echte Brand- und Wutrede abgeliefert, eine denkwürdige „Ich-bin-stocksauer“-Ansprache, die sich gewaschen hatte. Pesic faltete sein eigenes Team zusammen, stellte die Charakterfrage und drohte unverhohlen mit Konsequenzen („Mit dieser Einstellung wird diese Mannschaft nicht mit mir zusammenarbeiten“). Der Grund: Sein Team hatte beim 100:93-Sieg vor ausverkauftem Haus einen miserablen Start hingelegt, konnte das Duell erst im letzten Viertel umbiegen.

Der Ärger über die Performance des Meisters war auch drei Tage später noch nicht verraucht. Auch, weil es bei den Bayern nach dem Aus in der Europa League und der Verletztenmisere bisher noch nicht rund läuft. „Die Spieler denken, dass wir so gut sind, weil wir Meister geworden sind. Wir sind nicht so gut, um ein Spiel auf die leichte Schulter zu nehmen. Egal, ob gegen Ulm oder Real Madrid, so dürfen wir nicht spielen“, schimpfte der Serbe. Einmal in Fahrt, war er schnell wieder auf Hundertachtzig. „Ich weiß nicht, wieso die Spieler denken, wir könnten so spielen. Wenn wir wieder so spielen, werden wir bestraft!“

Lesen sie hier: FC Bayern dreht Spiel gegen Ulm - auch Bamberg siegt

Pesic, der Mr. 180! Auf weitere Nachfragen, aus welchem Grund die Spieler ihrem Arbeitsauftrag anfangs derart ungenügend Folge leisteten, antwortete Pesic ironisch: „Arbeitseinstellung? Die habe ich kritisiert? Sie waren doch alle rechtzeitig auf dem Spielfeld!“

Der Coach gab zwar deutlich zu verstehen, dass er nicht zurückrudern wollte, stellte aber auch klar, dass hinter seinen Attacken keine Taktik stecke. Weder den Verantwortlichen gegenüber, die kein Geld für Verstärkungen zur Verfügung gestellt hatten, noch bezüglich seines nach der Saison auslaufenden Vertrages. „Ich höre immer, dass ich trickse und ein Schlitzohr bin. Welche Tricks zeige ich denn? Welche Tricks? Ich wusste gar nicht, dass ich so viele Tricks kenne.“

Taktierer, Trickser? Pesic will nur eines sein: Ein ehrlicher Wüterich. „Ich muss ehrlich sein. Ich muss nicht alles sagen, aber ich muss schon sagen, was ich gesehen habe. Die Leute, die Basketball kennen, kannst du nicht belügen.

“ Ohne Lügen verrät er dabei sein Erfolgsrezept, das ihn als Trainer zum Weltmeister, Europameister und zigfachen Meister in drei Ländern machte: „Alles, was ich in meinem Sportler-Leben erreicht habe, habe ich wegen Liebe, Arbeit, Einstellung und großem Kampfgeist erreicht. Aber nicht mit irgendwelchen Tricks. So verrückt bin ich nicht.“
Und trotz aller Kritik kann der 65-jährige Erfolgscoach auch anders – sagt er zumindest: „Lob ist natürlich viel besser als Kritik. Lob gibt Selbstvertrauen. Es ist gut und wichtig, eine Mischung zu finden.“

Am Sonntag muss der Tabellen-zweite Bayern zum Verfolger-Duell beim Dritten, den Brose Baskets Bamberg (17 Uhr) antreten. „Wenn wir Bamberg Paroli bieten wollen, müssen wir viel besser sein als gegen Ulm“, sagt Pesic. Er selbst wird viele Streicheleinheiten verteilen müssen, um seine Brandrede bis dahin wieder auszugleichen.
Oder womöglich doch den ein oder anderen Trick auspacken.

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