Sturm bläst den Hurrikan weg
Nach den 12 Runden von Oberhausen: Der Leverkusener verteidigt seinen WM-Titel im Mittelgewicht. "Ich habe alles aus mir herausgeholt."
Meteorologisch betrachtet: Der Sturm hat so heftig geblasen, dass der „Hurrikan" von der Ostsee zur Brise abflaute. Ihre Künstler- und Kampfnamen verführen zum Wetterbericht, der das Hoch im Ring von Oberhausen versinnbildlicht. Die Klasse Felix Sturms (29) und der Widerstand Sebastian Sylvesters (28) machten diese Boxweltmeisterschaft im Mittelgewicht zum mitreißenden Kampf. Sturm verteidigte seinen Titel im Stil eines Champions, Sylvester wehrte sich mit aller Kraft eines würdigen, aber chancenlosen Herausforderers. „So etwas brauchen wir öfter. Nicht nur alle acht Jahre", teilte Sturm noch im Ring dem Publikum mit. In Anspielung auf das letzte deutsch-deutsche WM-Spektakel mit Dariusz Michalczewski und Graciano Rocchigiani.
Nach zwölf tempogeladenen, sauber umkämpften Runden siegte Sturm überlegen nach Punkten. Zweimal 118:110, einmal 119:109 bringen die Überlegenheit des Titelverteidigers, aber nicht die pausenlose Action vom ersten bis zum letzten Gong zum Ausdruck. „Zu einem tollen Kampf gehören immer zwei", sagte Felix Sturm voller Respekt vor seinem Gegner.
Am besten eben zwei Deutsche. Dann „tobt und kocht" die Halle, wie Promoter Klaus-Peter Kohl anmerkte. Fanblocks unter den 9200 Zuschauern in der ausverkauften Arena (die meisten waren für Sturm und gegen den mit seinem Wikinger-Team sehr martialisch wirkenden Sylvester) machten Stimmung wie bei einem Bundesligaspiel. Da drängt sich die Frage auf, wann kommt es endlich zum deutsch-deutschen WM-Duell Felix Sturm gegen Artur Abraham, der am nächsten Samstag in Bamberg pflichtgemäß seinen IBF-Titel gegen den Mexikaner Raul Marquez verteidigt?
„Artur will den Kampf, ich will ihn“, sagte Sturm, verwies aber gleichzeitig auf ihre hohen finanziellen Forderungen, weil es einen Verlierer geben werde, und der müsste danach ausgesorgt haben. Rund anderthalb Millionen Euro gab's diesmal. Diesen reizvollsten aller Kämpfe zu finanzieren, sei eben das Problem, argumentieren beide Seiten, Universum (Sturm/Kohl/ZDF) und Sauerland Event (Abraham/ARD). Der Anspruch ihrer Haussender auf diesen Quotenknüller macht das Zustandekommen schier unmöglich.
„Ich habe alles aus mir herausgeholt, er hat alles genommen", sagte Sturm, der in der Schlussrunde den K.o. suchte. Diese Zugabe „bis zur letzten Sekunde" gehöre zu „einem großen Champion“. Die Härte seines Herausforderers gab ihm die Gelegenheit, sich als solcher zu präsentieren, anders als gegen diese ausgesuchten Pittmans. „Das war kein Schattenboxen, sondern toller Sport. Wir haben beide dazu beigetragen. Sebastian ist ein großer Boxer und hat eine grandiose Leistung abgeliefert", verkündete Felix Sturm. Nach all dem Hass davor gab’s nur noch Harmonie danach. Hartmut Scherzer
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