Stinkefinger-Eklat! Frauen rebellieren gegen Behle
Staffel holt sensationell Silber. Danach entlädt sich die Wut auf den Bundestrainer
LIBEREC Eigentlich war alles gut. Endlich hatten auch die deutschen Langläuferinnen bei der WM in Liberec die erste Medaille geholt. Groß war die Euphorie im DSV-Lager nach dem Silber der Frauen-Staffel, Evi Sachenbacher-Stehle weinte vor Freude, Katrin Zeller strahlte – und die 18-jährige Miriam Gössner, die mit einem gewaltigen Rennen alle begeistert hatte, Freude sich über ihr allererstes Edelmetall bei einer WM – als es dann zum großen Eklat kam.
Als Schlussläuferin Claudia Nystad den Stinkefinger zeigte. In Richtung Bundestrainer Jochen Behle. Nach den Pleiten und dem Ärger gab es somit am Tag des großen Erfolgs einen riesigen Skandal.
Mit einem Ausfallschritt hatte Nystad zuvor die Silbermedaille vor Schweden hinter Finnland gesichert. Doch dann lagen bei ihr die Nerven blank. Wegen der permanenten Kritik von Bundestrainer Behle an den Frauen und deren Trainer, den Finnen Ismo Hämäläinen.
Behle, der schon in den vergangenen Jahren immer wieder an den Langläuferinnen herumgemäkelt hatte, hatte dem Finnen zu sanfte Methoden vorgeworfen und intensiveres Training und mehr Härte im Umgang mit den Frauen gefordert. „Ich bin kein Frauenversteher“, bekannte Behle ganz offen, „ich bin eine Reizfigur.“ Eine, die Nystad nun zu sehr gereizt hat.
Als Behle in der Mixed-Zone beim Gespräch mit den Journalisten direkt neben ihr stand, zeigte sie ihm den Mittelfinger. „Bei einer WM Prügel zu verteilen, ist absolut unprofessionell“, schimpfte sie auf den Coach ein. „Was er sagt, kann ich nicht beeinflussen, und es ist mir auch wurscht.“ Gleichzeitig widmete sie die Medaille ihrem Trainer: „Diese Medaille ist einzig und allein für Ismo.“
Eine Medaille, die die 31-Jährige als „bedeutend“ einstufte, nach den vielen Pleiten bei den ersten WM-Rennen. Über ihren Schluss-Spurt und das Duell mit Schweden und den Norwegerinnen, die am Ende Vierte wurden, sagte Künzel: „Ich bin eben wie bei Olympia in Turin die Drama-Queen.“ Denn auch in Turin hatte sie mit einem beherzten Finale Silber gesichert.
Zu verdanken war der Sieg aber vor allem Miriam Gössner. Die 18-jährige Garmischerin, die Junioren-Weltmeisterin im Biathlon, die nur leihweise zu den Langläufern kam und dann die überragende Leistung des Teams zeigte. Als dritte Läuferin ging sie nach Sachenbacher und Zeller mit 1:11 Minuten Rückstand auf die führenden Norwegerinnen ins Rennen, als sie fünf Kilometer später an Nystad übergab, waren es nach der viertbesten Zeit aller Starterinnen nur noch 16 Sekunden. „Die Miriam lassen wir nicht mehr weg“, scherzte Sachenbacher, während Biathletin Gössner meinte: „Das war der Hammer. Aber jetzt Freude ich mich wieder heimzukommen und mein Gewehr zu nehmen.“
DSV-Sportdirektor Thomas Pfüller jedenfalls ließ Gössner bereits von Olympia in Vancouver träumen: „Einmal im Jahr kann man sie vielleicht ausleihen. Wenn wir nächstes Jahr zu Olympia fahren, kann man darüber reden.“ Heißt: Wenn sie bei den Biathletinnen die Qualifikation nicht erreicht, dann darf sie bei den Langläuferinnen mit.
Und auch Behle kann sich eine Zukunft mit der Garmischerin weiter vorstellen. „Ihre Mentalität passt zu uns. Sie hat keine Angst, stellt sich in die Loipe und läuft unbekümmert.“ Und vor allem hat sie dem Bundestrainer bisher noch keinen Stinkefinger gezeigt. fk
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